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Mattiesen: Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument.
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Zügen der Beschreibung der Exkursionserfahrung-während-des-Lebens übereinstimmen
. Man mißverstehe mich nicht dahin, daß ich hiermit eine weiter©
Bezeugung dieser Erfahrung aus dem Munde derjenigen zu beschaffen suche,
deren Zeugnis nur unter spiritistischen Voraussetzungen überhaupt
in Betracht kommt, während doch hier durch die Erörterung der Exkursion
diese Voraussetzungen erst gestützt werden sollen. Ich wünsche vielmehr bloß
darauf hinzuweisen, daß eine Erwartung, die sich bestätigen müßte, falls
meine Deutung gevv isser Erlebnisse richtig ist, in der Tat ihre Bestätigung findet,
und daß sich damit jene Erlebnisse wiederum in einen Zusammenhang
ordnen, der den Eindruck ihrer Natürlichkeit und Wirklichkeit nur \erstarken
kann
An Berichten Abgeschiedener über ihr Sterben, worin Merkmale des
Exkursionserlebnisses »ich eingeflochten finden, ist nun tatsächlich kein Mangel
; und zwar soll hier als Mindestes die ausdrückliche \ngabe gefordert werden
, daß der Verstorbene seinen eigenen Leichnam gesehen habe.
Diese findet sich z. B. in einer Kommunikation, die Professor Barrett „unter
spiritistischen Voraussetzungen am einfachsten erklären zu können glaubte". „Die
Tür (heißt es hier) wurde geschlossen und alles war still. Ich nahm dann zunächst
wahr, daß ich nicht auf dem Bette lag, sondern ein wenig über diesem in der Luft
schwebte. Ich sah in dem trüben Lichte den Körper gerade ausgestreckt und mit
zugedecktem Gesicht Mein erster Oedanke war, wieder in ihn einzugehen, aber
der Wunsch danach verging mir bald völlig." Es werden dann Ortsbewegungen im
Zimmer, im Hause, ins Freie hinaus beschrieben, die dabei gesehenen Personen
richtig bezeichnet, die Verwunderung ausgedruckt, daß niemand das Subjekt gehört
oder gesehen habe usw.1). Die Schilderung stimmt also völlig überein etwa
mit derjenigen des Dr. Wiltse (29), der „gestorben** zu sein glaubte und für tot
gehalten wurde, aber später ins Leben zurückkehrte und seinen Bericht daher
mündlich liefern konnte, anstatt durch ein Medium. (Diese für unsein Gedankengang
sehr interessante Üeberzeugung des Hinausversetzten, „tot" zu sein, d. h.
den lebendigen Zustand des Oestorbenseins zu erleben, wird übrigens auch durch
andre Fälle unsrer Sammlung belegt; s. 33, 35, 36.) - Zahlreiche weitere Bei-
spiele dieser Art finden sich in Bozzanos sehr verdienstvoller vergleichender
Analyse von Beschreibungen des Sterbens durch Verstorbene2). So bekundet
z. B. der Oeist des Dr. Horace Abraham Ackley: „Ich fühlte mich über meinen
Leichnam erhoben, in geringem Abstand von ihm, von wo aus ich deutlich die
Personen die meinen Körper umstanden, wahrnahm." - Noui deutlicher im
Kernpunkt drückt sich Jim Nolan durch das Medium Hollis aus: „Mein Körper
lag auf dem Feldbett ausgestreckt, und ich sah ihn." — Eine nicht genannte
„gebildete Dame" wiederum berichtet durch Vermittlung der Mrs. Duffcy, daß
sie zunächst die Reden zweier Freundinnen über sie selbst „aus dem benachbarten
Zimmer" vernommen habe, die sich mit peinlicher Offenherzigkeit über
sie als eine Verstorbene unterhielten, was sie verblüffte, da sie sich (wie so \icle
Verstorbene, die sich mitteilen) durchaus „am Leben" fühlte. Als sie die Unterredung
unterbrechen wollte, sah sie mit Schrecken eine „Gliederpuppe" (manne-
quin) auf ihrem Bette ausgestreckt, mit bleichem Gesicht, gekieuzten Armen,
aufwärts gekehrten Fußspitzen, und erkannte die Zuge als die ihren. „Mein
Gott, ich war also wirklich tot!" — Ein im Kriege Gefallener sieht sich selbst
sofort nach dem Ableben auf dem Grabenrande „in soldatischer Uniform" „Als
mein Freund Frank sich meinem Leichnam näherte, um sich zu überzeugen, daß
ich wirklich tot sei, nahm ich ihn noch einmal wahr wie mit den leiblichen
Augen." — Der Geist eines bekannten hohen Munizipalbeamten in Amerika:
Unmittelbar nach dem „Erwachen" in einem neuen Zustand „sah ich mich aus-
i) W F. Barrett, F. R. S, On the threshold ot a new world of thought, London, 1908, p. 68.
2> Revue Spirite 1928«2<).
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