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zelnen Buchstaben eingekreist, bis der Name einer Karte, etwa Treff-Sieben,
herauskam. Ich holte die in meiner Tasche geborgene Karte hervor: es war die
ebengenannte. Das Experiment wurde Doch zweimal mit dem gleichen Erfolg
wiederholt, wobei andere Herren die Karten zogen. — Alles hängt an der Zuverlässigkeit
der Augenbinde. Wie man bei dem geschilderten Verband auch
nur das geringste normalerweise soll sehen können, ist mir unerfindlich. Wer
trotz dieser Binden wahrzunehmen vermag, nun der hat eben die Gabe des Hell-
CT
sehens. Dann kann er auch die Karte in meiner Tasche sehen.
Aber hier bin ich bei meinem eigentlichen Thema, dem Geheimnis der
Karten. Und hier liegt die eigenartigste und anziehendste Art des parapsychischen
Könnens \on Kordon-Veri. Dieser st4it zu den Karten (gleichgültig ob französische
oder deutsche oder sonstige) in einem Verhältnis, wie m. W. noch
keines der bisher bekannt gewordenen Medien. Zwar sind die Karten längst
mit übersinnlicher Schau und symbolischer Sinngebung in enge Beziehung
gebracht, ja sie verdanken wohl überhaupt ursprünglich solch magischem Bemühen
ihr Dasein, und Kartenschlä^er u ist ja auch heute noch die häufigst
vorkommende Form der Zukunftsoffenbarung. Für Kordon-Veri sind sie ein
Betätigungsfeld schier souveränen parapsychischen Vermögens.
Eine unerschöpfliche Fülle von Kartenexperimenten und deren Variationen
steht ihm zur Verfügung und es kann mir nichl darauf ankommen, über alle oder
auch nur möglichst viele dieser Vorführungen zu referieren1). — Wohlge-
merkl. e% handelt sich um Kartenexperimente, nicht um Kartenkunststücke;
beide haben miteinander nichts zu tun. Letzlere sind Sache des Taschenspielers,
der mittelst seiner Hand- und Fingerfertigkeit oder sonstiger oft sehr einfacher
Tricks den Unkundigen höchlichst in Erstaunen zu setzen weiß. — Wurden
schon der oben genannten Gesellschaft die seltsamsten Experimente vorgeführt,
so halte ich mit dem Modium allein erst rechl Gelegenheit, dessen Können zu
bewundern Auf diese Experimente will ich mich hier in meinem Referat beschränken
.
Operiert wurde mit zwei gewöhnlichen Piketlkarleuspielen (je 3ü Blatt) und
mit Whistspielen (je 52 Blatt), die ich nach Belieben in die Hand nehmen und
untersuchen durfte, was ich natürlich auch tat. Kordon-Veri blälterle verdeckt
ab und ließ mich nach eigener Wahl halt sagen. Nicht aber daß er etwa nach
meinem „Halt" noch eine Karte abgeblättert hätte, die dann eine von ihm etwa
auf der Unterseite des Spieles bereitgehallene sein könnte (sog. Abziehen).
Von den so entstandenen zwei Päckchen, die von da an keiner mehr von uns
berührte, hatte ich nun eines zu wählen und in diesem gewählten und verdeckt
daliegenden Päckchen wiederum eine Karte zu bestimmen, sagen wir die sechste
von oben. Kordon-Veri nimmt nun ein zweites Spiel und läßt mich eine Karte
ziehen — nicht forciert: diesen Kniff der Kartenkünstler kenne ich und weiß
ihn zu meiden; ich greife nie blind zu, sondern wähle meine Karte nach dem
Gesichtspunkt ptnz individueller Wahl ohne jede Beeinflussung durch den
Experimentator. Außerdem hat K.-V. stets auf meinen Wunsch statt des Ziehen-
*) Ueber etliche solcher Experimente ist im Dezemberheft 1930 berichtet
worden.
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