http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0639
Vogl: Das Geheimnis der Karten.
563
Tasche. Nun werde ich aufgefordert, entweder ein Sprichwort zu sagen, das
mir gerade einfällt, oder einen Gegenstand im Zimmer zu nennen, der gerade
meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich nenne die Büsle der Nofretele
(Gattin des Amenophis), die auf dem Schreibtisch steht. Darauf K.-V. sofort:
,,Dann kann die Karle bloß Karo Dame sein." Es stimmt. Meist ist die angestellte
Reflexion (namentlich bei Sprichwörtern) komplizierter. Als mir beispielsweise
ein an der Wand hängender japanischer Dolch ins Auge fiel, da überlegte
K.-V.: nicht die Waffe, sondern die Kunst habe mich angezogen, es sei ein
männlicher Gegenstand usw. und nannte dann die in meiner Tasche befindliche
Karte entsprechend der Kartensymbolik, in die er sich durch jahrelanges Studium
eingelebt hat. — Ob diese Reflexionen zur Kartenbestimmung notwendig
sind, will ich dahingestellt sein lassen; sie sind vielleicht bloß eine im Oberbewußtsein
vor sich gehende Hilfe, um das eigentliche Wissen aus dem Unterbewußtsein
heraufzuholen, oder vielleicht auch nur ein symbolisches Beiwerk.
Schließlich noch ein Experiment, das ich zwar nicht selbsl erlebt babe, das
mir aber von zuverlässiger Seite geschildert wurde und das typisch ist für eine
ganze Gruppe von Kartenexperimenten K.-\ .s. In Prag besuchte ich den uns
bekannten Metagraphologen Otto Reimann. Er hat ein Jahr vorher K.-V. in
Prag kennengelernt und wertet dessen okkulte Fähigkeiten sehr hoch. K.A.
führte in Reimanns Wohnung einer größeren Gesellschaft Karlenexperimente
vor (mit Reimanns eigenen Karten). Darunter folgendes: die iG Personen
bilden sitzend einen Kreis. Einer wirft ein Whislspiel verdeckt auf den Boden.
Jede der iC Personen hat eine Karte zu wählen, die sie unbesehen in die Tasche
steckt. Drei beliebig sich meldende Personen sollen ihre Karle ansehen und
wieder ins Spiel zurücktun. Und nun dekretiert K.-V.: ,,In den Taschen der
übrigen dreizehn befinden sich die dreizehn Karlen der Farbe Herz (die Zahlen
i —10 nebst den drei Figuren). Man sieht die Karten nach: es stimmt genau. -
lu diese Kategorie, die, wie alle andern, die mannigfaltigsten Variationen zuläßt
, gehören Experimente, wie ich sie selbst bei K.-V. sah. Er bestimmt z. B.
eine Karte, die ich aus einem Spiel auC keine Weise zu ziehen vermag. Ich ziehe
büschelweise, in ganzen Partien (es sind Whislkarlen), oben und unten und in
der Milte, es bleiben nur noch etliche, schließlich nur noch zwei in K.-V.s Hand.
„Welche nun von diesen zweien?" Ich bestimme die eine: die andere ist die
gewissermaßen tabuierte Karle. Das Experiment wird wiederholt (natürlich
immer mit einer anderen verbotenen Karle). Oder umgekehrt: ich bin gezwungen
immer die nämliche Kart«1 zu ziehen ich kann ziehen wie und wo
und wie oft ich will. Daß das Spiel nicht vielleicht aus lauter gleichen Karten
besieht — solche Trickkarten gibl es bekanntlich — brauche ich wohl nicht erst
zu > ersichern: ich untersuchte das Kartenspiel ausgiebig oft. —
Wie sind diese Kartenphänomene zu erklären? Tricks halte ich nach meinen
Beobachtungen für ausgeschlossen. Bin in solchen Tricks nicht ganz unerfahren
. Frägt man K.-V. selbst, so lehnt er jede rein vprstandesmäßige Erklärung
ab. Auf dem Wege des bloßen Verstandes sei hier nichts zu erreichen.
Und Dr. Langer pflegt zu sagen: „Erklärungen sind Ausreden." Und es gibt
gewiß Dinge, die erlebt werden, jedoch gedanklich — wenigstens mit unseren
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0639