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570 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1931.)
K. vom ersten Stock kam aufgeregt mit der Nachricht: „Am Hofe habe ich
gerade ein schauerliches Gesicht gesehen, nicht die ganze Gestalt." Nichts gefunden
! „Herr, auf dem Boden ist jemand, die Fußtritte!" Revision und
wieder nichts. Auf der Stiege war im Dunkeln eine Schnur mit Blechdeckel
zum Fallen eingerichtet. Der Blechdeckel fiel zwar mit Lärm, aber wieder
blieb alles leer. Vor dem Ilauslor stand ein Tisch — als Hohn für die Verfolger
. Die ganze Nacht war Herr Pr. draußen — niemanden hat er gesehen.
Als er um f\ Uhr zurückging, konnte er nicht hinein, die Türe hat jemand zugehallen
. Er rief um Hilfe, und da hat sich's gezeigt, daß die Türe vom
Souterrain als Spreize zum Haustor aufgestellt wurde. Der Lump war gewiß
auf dem Dache — stieg durch Fenster in eine Wohnung, dann auf die Treppe
— unten in die Waschkammer, Fenstnr offen — frische Fußabdtüqke bei dem
Zaune — das paßt für den rachsüchtigen Ja ...!!
Die Phänomene antworten auf die Furcht, spielen mit der Erwartung,
machen Repressalien - lachen die naiven Kombinationen aus. Und die Hauptsache
: ein neuer Beweis für Simulation und Transformation, Erklärungsversuch
der unterbewußten Tätigkeit, wie im Traum.
Was wirkt auf die Qualität und auf das Programm der
Phänomene? Das ist Sache der Entwickelung der Seancen, der Belehrung,
der suggestiven Einflüsse auf Medium und Zirkel — und schließlich eigene
Autosuggestion, Erfahrung, Tradition, Literatur, Ehrgeiz, Streben nach Anerkennung
usw. Gewiß bestehen telepathische Verbindungen zwischen
den Teilnehmern und dein Medium. Der psychisch Stärkere siegt immer. Die
Kraft ist nicht in der angestrengten Konzentration, sondern im starken Selbstbewußtsem
, die größere Hälfte unseres Bewußtseins weiß gut, was und wie sie
* das machen soll. — Die medial Veranlagten und in okkulten Praktiken, Bewanderten
beherrschen die Phänomene, das heißt immer durch das Medium
als ausführende Rraft. Im Gehirne des Mediums wird alles speziell
adaptiert. Ich bin nicht medial, aber so viel darf ich mich rühmen, daß meine
Wünsche vorwiegend respektiert werden. Wir sind mit dem Medium auch
unterbewußt sehr aufrichtige und gute Freunde. Jedes okkulte Phänomen als
Tat lebender Seele muß von einer anderen Seele befruchtet und bewertet
werden. Selten „arbeitet" ein Medium (oder Spuk) nur für sich, aus Auto-
erot$k. Die Phänomene suchen die Wirkung bei anderen. Auch die Asketen
und Heiligen haben gewußt, daß sie die andere Welt auch später erschüttern
und Anerkennung finden werden.
Man darf niemals zudringlich und von Gelehrsamkeit aufgeblasen
sein. Ein wohlwollender Skeptiker wird immer freundlich in den Kreis aufgenommen
. Ein vergifteter Negativist wird niemals etwas sehen. Eine gedrückte
Stimmung, viel Sorgen drücken die Phänomene nieder. Eine gehobene und
lustige Stimmung befördert sie. Bei einer reizenden Musik (ich habe Mädchen
von Odkolek) fliegen die Apporte und Sterne. Wenn die Damen bei Berührungen
schreien — dann kommen noch stärkere Erscheinungen. — Befördernd
wirken auch Dunkelheit und heimliche, märchenhafte sorglose Stim-
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