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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0023
Wendler: Ueber den Nürnberger Hellseher Franz Reißig.

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Berichten verwertet werden könnten, zwar niemals als Grundlage für eine Verurteilung
, wohl aber unter Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln zur Aufnahme
von Spuren.

Ich möchte hier ebenfalls einiges über Herrn fleißig berichten und schließlich
, unter ähnlichen Kautelen wie in der Kriminalistik, auf die Verwertung der
medialen Fähigkeiten aufmerksam machen, allerdings für ein anderes Gebiet.

Keinem, der auch nur oberflächlich mit den Bekundungen von Hellsehern
> ertraut ist, wird es einfallen, auf deren Aussagen in einem schwerer wiegenden
Entscheidungsfalle sich voll und ganz zu verlassen. Welchen Grad die Unzu-
verlässigkeit erreichen kann, beweist die von Prof. Friedländer in einem
Aufsatze der „Umschau* hervorgehobenen Tatsache, daß an die hundert im
Kürten- Prozesse beigezogenen Hellseher gänzlich versagt hätten. Solche
Feststellungen mögen noch so sehr die Zweifel bezüglich der praktischen Verwertung
von Hellsehern vergrößern; für die Frage aber, ob es ein Hellsehen
überhaupt gibt, sind vielmehr die Fälle entscheidend, welche man im positiven
Sinne buchen muß, nachdem andere Erklärungen logischerweise ausgeschlossen
sind. Ich will mich hier trotz Erfahrungen auch mit anderen Hellsehern auf
ein paar Fälle beschränken, welche sich auf Herrn Reißig beziehen.

i. Bei einem der Besuche in meiner Erlanger Wohnung (zusammen mit
Herrn Nüßlein, den Prof. v. Liszt auch erwähnt) saß Herr Heißig nach
dem Mittagessen auf dem Sofa im Speisezimmer, von wo aus der Blick in das
offenstehende angrenzende Empfangszimmer frei war, so daß das dort in 7 m
Entfernung befindliche kleinere Sofa gesehen werden konnte. Kurz nachdem
ich die Wohnung verlassen hatte, um in eine Sitzung zu gehen, verfiel nach der
Schilderung meiner Frau Herr Reißig allmählich in den gewollten Trancezustand
und machte dabei u. a. folgende Aussagen: ,,D iesesSofa (imEmpfangs-
zimmer) war nicht immer in diesem Rau m. Ich sehe darauf
eine alle Dame, die hat ein S p i t z e n h ä u b c h e n auf und
lauscht." Meine Frau hielt daraufhin dem Hellseher die Photos von zwei
Frauen hin, die nach ihrer Meinung vielleicht in Frage kommen konnten, diejenige
einer Freundin, welche lange dem Haushalt vorstand, und die meiner verstorbenen
Mutter, welche auf dem Bilde ein Hütchen nach der Mode der neunziger
Jahre trägt. Das letztere Bild bezeichnete er als das der hellseherisch wahrgenommenen
Dame; doch käme nicht ein Hütchen, sondern ein Spitzenhäubchen
in Betracht. Bezüglich des anderen Bildes sagte er, die (ebenfalls schon verstorbene
) Dame müsse sehr viel gelitten haben, insbesondere im rechten Vrm. Meine
Frau, welche die früheren Verhältnisse nicht oder nur teilweise kannte, konnte
zunächst über die Richtigkeit der Aussagen des Hellsehers keine Entscheidung
fällen und teilte sie daher mir nach meiner Heimkehr genau mit. Ich mußte
nun zunächst bestätigen, daß das fragliche Sofa früher ein Stockwerk tiefer
stand, zusammen mit einem Klavier, auf dem ich häufiger spielte. Meine Mutter
pflegte dabei, namentlich wenn es sich um eine bestimmte feierliche Musik
handelte, ins Eck gelehnt andächtig zu lauschen. Sie hatte in der allerletzten
Zeit, da die Haare etwas dünn wurden, zu Hause, also auch bei jenem recht
charakteristischen Lauschen auf dem Sofa, ein Spit/enluubchen getragen, wie


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