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Wassilko-Serecki: Die angeblichen Phänomene des Herrn Merbellei. 11
man ein Surren von Hadern. Ich sah mich um und gewahrte, daß zuerst eine
Messerschleifniaschine plötzlich ohne Berührung in Gang kam und auch eine
Nähmaschine rebellisch wurde. Ueberdies kamen über den Ladentisch herabhängende
Ketten in Schwung. — Am 21. Dezember, abends, gab es im Gasthaus
„Zum Stadtbad" wieder eine ganze Reihe von Geisterphänomenen, und es
waren, nach den Stimmen zu unterscheiden, die Geister Lulli, Lulliane und
Imitier anwesend. Ich wurde von ihnen mit Aepfeln und Birnen bombardiert,
und auf einmal lag ein größerer Apfel vor mir, der in der Mitte mit einem
brennenden Kerzchen verziert war. Auch ein Mislelzweig flog unversehens auf
den Tisch herab. — Seite 53: Am 7. März 1927 besuchte ich nachmittags mit
einem Herrn aus der Prachatitzer Umgebung das Gasthaus „Zum Stadtbad".
Dieser in okkulten Dingen sehr bewanderte Herr wollte sich von meiner Me-
diumität überzeugen und er hatte wahrlich Gelegenheit genug dazu. Es stellten
sich die verschiedensten Phänomene ein, die Geister sprachen tapfer meinem
Bierglas zu, als ich ein frisches bekam, war es fast sogleich wieder leer, aber
sie entschädigten mich mit einem Apfel, einem frühlingsgrünen Zweig, drei
Zetteln mit kleinen Botschaften und zuletzt standen sogar zwei Schnäpsenem
vor uns. Als wir sie zum Munde führen wollten, fingen sie beide zu brennen
an. Die Geister sprachen auch mit uns, klopften auf Tische und Stühle,
und als wir endlich den Heimweg antreten wollten, machten sie sich noch den
Spaß, uns im Gastzimmer einzusperren. Erst nach langem Bitten gaben sie uns
wieder frei. — Seite 27: Wie oft schon habe ich es erlebt, daß im Walde
Baumrinden vor mir zur Erde fielen, auf deren innerer Seite Lullis Kopf
gezeichnet war, auch wurde öfters ein kleiner Stein über meinen Kopf geworfen
, der auf seiner flachen Seite das Gesicht Lullis zeigte, ebenso fiel manchmal
ein Blatt vom Baume mit dem typischen Kopf von Lulli auf der Rück-
seile . . .
Diese Beispiele aus dem über 100 Seiten starken Buche dürften genügen,
um zu zeigen, was für sonderbare Geschehnisse uns in Prachatitz erwarteten,
v\o wir -- darunter verstehe ick in Hinkunft stets Herrn Vmlsrat Meixner
und mich — am 9. \ugusl, abends, eintrafen. Wir lernten am Bahnhof in
Hi 1111 Merbeller einen sympathischen, würdigen, alten Herrn mit einem schönen
Greisenhaupl kennen. Später leistete er uns beim Abendessen im Hotel Post,
wo wir abgestiegen waren, Gesellschaft und erzählte uns einige selbsterlebte
okkulte Begebenheiten, wobei er allerdings den Eindruck kritikloser Vliesgläubigkeit
erweckte. Phänomene ereigneten sich damals keine, was Herrn Merbeller
, der die Geister Lulli, Lulliane und Buttler anrief, sichtlich enttäuschte.
Es folgt nunmehr der Bericht über unsere Untersuchung.
\m nächsten und übernächsten l äge gehen wir nachmittags zu Herrn Merbeller
in die Wohnung, der im ersten Stock des Hauses Prachatitz Nr. 118 bei
einer Gemischtwarenhändlerin namens Josefine Schulda wohnt. Von
der Stiege betritt man zuerst ein kleines, stets unversperrtes Vorzimmer. Das
Zimmer Merbellers ist ein ziemlich düsterer, langgestreckter einfenstriger Raum,
mit altmodischen Möbeln und Nippessachen. Allerhand selbstgebastelte Gegenstände
\erleihen der Einrichtung eine persönliche Note. An den Wänden hängen
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