http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0033
Wassilko-Serecki: Die angeblichen Phänomene des Herrn Merbeller.
17
türe! Dann wird die Türe aufgemacht und auf der Schwelle lodert ein mannshohes
Feuer. Es stirut nach Pulver. In plumper Weise spielen die Leute die
Erstaunten und sagen: „Das Tor ist geschlossen — wer hätte das machen
sollen.. .?" Nach diesem Knalleffekt klopft es dreimal von außen an eine
kleine Türe. Herr Merbeller erkennt das typische Klopfen seiner Geister. Daß.
die Burschen fortwährend ein- und ausgehen, gibt ihm nicht zu denken.
Bemerkung des Amtsrates Meixner zum vorangehenden Bericht: „Ich habe
wiederholt die Wirtsstube verlassen. Beim letzten Hinausgehen folgt mir einer
der Burschen und sagt: „Haben Sie die Stimme gehört: Rudi, wo bist du?"
Ich antworte, daß ich nichts gehört habe und rufe in den Hof: „Wenn du
ein Geist bist und so unwissend, daß du nicht einmal weißt, wo Rudi ist, dann
bist du ein Trottel." Daraufhin geht der Bursch im halbdunklen Vorhaus etwa
fünf Schritte vor mir und mit lächerlich verstellter Frauenstimme, den Rücken
mir zuwendend, quiekt er: „Ja, ja, Rudi, ich weiß wo du bist." Ich eile ihm
nach, um ihn zu fassen, er entkommt mir aber ins Lokal.'*
Am i3. August sucht uns Herr Merbeller abends im Hotel Post auf. Wir
sitzen im Schankzimmer, am gleichen Tisch, wie das erstemal. Anwesend sind
Dr. Drosbach, Herr Foschum und ein Ehepaar mit einer Tochter, die sich auf der
Durchreise in Prachatitz befinden. Bald wird es finster. Daraufhin zeigt sich vor
dem Fenster hinter dem Schanktisch auf der Straße eine Lampe. Der Amtsrat
sieht auch eine Maske davor und übereinandersteigende Burschen. Es heult.
Merbeller sagt: „Ich habe den Buttler gebeten, heute elwas Besonderes zu tun,
und nun hat er es wirklich gemacht!" Dieser Vorgang ereignet sich noch einige
Male. — Merbeller hat eine rote Glühbirne mitgebracht und auf den Tisch
gelegt. Jetzt erwischt er im Halbdunklen selber den Wirt dabei, wie dieser die
Birne, die er offenbar während einer der Finsternisperioden weggenommen
hatte, in die Lampe neben dem Schank einschrauben will. Merbeller ists ge»-
ärgert. Der Wirt solle doch warten, bis die Geister das machen. — Finster.
Jemand gehl an unserem Tisch vorbei zur Eingangslüre, etwas fällt \or Merbeller
auf die Tischplatte. Es isf sein kleines Handaugenglas (eine Art einteiliges
Lorgnon), das er gestern im Gasthofe Sehweda vermißt hatte, eingepackt
in einen Zettel, auf dem steht: „Ein anderes Mal versorge deine Requisiten
besser 1 Nächstes Mal trag ichs aufs Fundbüro und du zahlst gesetzliche
joO/o. Bultler III." Merbeller ist hocherfreut über die Beweiskraft des gekommenen
Augenglases, ist es ihm doch gestern in einem anderen Wirtshaus«
abhanden gekommen und wer käme auf die Idee, es ihm hierher zu bringen?!
— Auf einem Zettel, der zwecks direkter Schrift am Tisch lag, findet sich etwas
gekratzt, beginnend mit einem P. — Es wird abermals finster. Die Lampe
zeigt sich, diesmal am Fenster des Speisesaales. Wohlweislich ist das Tor verriegelt
, damit niemand hinauseilen kann. Fremde Gäste schimpfen über den
Unsinn. Der Wirt wendet sich, wie ein guter Conferencier, an Merbeller un4
verlangt, daß er „mit seinem Programm aufhören möge". Streit. Bevor es
finster wurde, stand der Wirt zum Zahlen neben dem Amtsrate. Als das Licht
aus war, steckte er die rote Birne, die am Tisch gelegen war, in die Tasche. —
Ich spiele über Aufforderung Klavier. Wie ich zurückkomme, liegt eint mit
2
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0033