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32 Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1932.)
Das erste größere Werk naturwissenschaftlichen Charakters (im Gegensatz
zu der du Preischen Schule mit ihren schriftstellerischen Erzeugnissen spiritistischer
Tendenz) wurde im Jahre 1891 von Verfasser herausgegeben unter
dem Titel „Experimentelle Studien auf dem Gebiete der Gedankenübertragung
und des sogenannten Hellsehern von Charles 11 i c h e t" (autorisierte deutsche
Ausgabe). Die längere Vorrede zu dem Buch gibt eine Uebersicht über den damaligen
Sland der Gedankenübertragungsfrage und der geistigen Fernwirkung
in Frankreich, Italien, England und Amerika, und zeigt, daß in Deutschland
dieses Gebiet zu jener Zeit einer ernsthaften Untersuchung überhaupt nocli
nicht gewürdigt worden war, mit Ausnahme einiger isolierter Mitteilungen von
Dessoir, Schmoll, Bleuler und vom Verfasser. Die in der genannnten Schrift
niedergelegten Resultate umfassen die Experimente des Pariser Physiologen
Charles Riebet. Ihre deutsche Ausgabe hatte den Zweck, in unserer Heimat
Interesse für einen neuen Forschungszweig zu wecken, d. h.. ihm auch in der
deutschen Wissenschaft das Bürgerrecht zu erwerben, welches er in anderen
Ländern schon besaß.
1897 folgte als weitere Frucht wissenschaftlicher Arbeit das Erscheinen einer
gekürzten deutschen Uebersetzung der berühmten „Phantasms of the Living"
by E. Gurney, F. W. H. Myers and F. Podmore, betitelt „Gespenster lebender
Personen und andere telepathische Erscheinungen" von Feilgenhauer
(Leipzig. Spohr).
Einen größeren Einfluß auf die spätere parapsychologische Forschung üble
das berühmte 1893 dänisch und 1898 deutsch erschienene Werk des Kopenhagener
Psychologen Professor Alfred Lehmann aus. Dasselbe betitelt sich
,,Aberglauben und Zauberei", erschien 1908 in zweiter und 1990 in dritter Aullage
(Enke, Stuttgart, 752 Seiten).
Lebmann, der in seiner ersten Auflage alles Okkultistische ablehnte, und
sein Kollege Hansen stellten auf Grund eigener Laboratoriumsuntersuchungen
zum erstenmal die Theorie des unwillkürlichen Flüsterns auf zur Erklärung
telepathischer Phänomene. Trotz dieses rationalistischen Erklärungsversuches
für die Gedankenübertragung scheint ihm schon in der zweiten Auflage eine
Fernwirkung (von Mensch zu Mensch), die nicht mittels unserer Sinnesorgane
zustande kommt, bewiesen zu sein (Seite '|6'i und o'\8; bei Tischner, Occ,
S<£te 248).
In der dritten, 1920 herausgekommenen, \uflage führt er gewisse Tatsachen
an, die sich schwerlich ohne Annahme einer Telepathie (Fernwirkung
eines menschlichen Gehirns auf ein anderes) erklären lassen. Sie scheinen leichler
vom unbewußten Seelenleben auszugehen als vom bewußten (S. 097); dagegen
stellt er „Hellsehen" in Abrede. ,,trotzdem aber hier und da merkwürdige
Fälle vorkommen, die man auch mit in Rechnung ziehen muß".
Dieser Forscher lehnt nun zwar in der dritten Auflage seines Werkes den
physikalischen Mediumismus im großen und ganzen ab, aber er sieht doch in
der neuerlichen Theorie ideoplastischer Transformation vitaler Energie des
medialen Organismus, wie sie Referent in seinem Werk „Materialisationsphänomene
" und in seinen späteren Schriften vertreten hat, einen bedeutenden
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