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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1932.)
11 Uhr mit einem Freunde bei einer Nebentür des St.-Peter-Friedhofes bei Graz.
Die Gittertür war wegen der vorgerückten Stunde gesperrt, das Gäßchen, zu
welchem jene Tür führte, menschenleer. Da sagte das Medium zum Freunde,
es wolle austreten und die Gräber besuchen gehen. Kaum gesagt, sank es zu
Boden, und der Freund sah die Gestalt des Mediums jenseits der verschlossenen
Pforte zwischen den Gräbern herumspazieren.
Als dann später das Medium nicht bloß seine okkulten Fähigkeiten immer
mehr und mehr mißbrauchte, sondern auch die Nächte in lustiger Gesellschaft
zu verbringen begann, verlor es seine Medialität.
Zum Schlüsse möchte ich auf einen mir bekannten Fall eines Austrittes, vielleicht
sogar vorübergehenden Todes, verweisen. Der es erlebte, ist ein österreichischer
General, der das Erlebnis mit seinem Offiziersehrenwort bestätigt,
der dem Okkultismus abhold ist und mir deswegen seine Namensnennung untersagt
hat. Wohl kann ich aber als Zeugen für die Tatsächlichkeit des Berichtes
den Grazer Universitätsprofessor Dr. med. E. Urbantschitsch nennen. Dieser
General lag schwer krank darnieder, litt unsäglich, es scheint, daß die Agonie
bereits eingesetzt hatte. Plötzlich sah er sich mitten im Zimmer stehen, neben
dem Bett, in dem sein Körper lag, nahm er seinen Bruder und den behandelnden
Arzt wahr, nichts jedoch erfüllte ihn so sehr mit Verwunderung und einem beseligenden
Glücksgefühl als die Empfindung, völlig gesund und kräftiger, jünger
als je zu sein. Doch unvermutet empfand er einen furchtbaren Schmerz und er
fand sich in all dem Elend und Jammer seiner Krankheit in seinem Bette wieder.
Der Arzt hatte ihm eine Kampferinjektion mitten ins Herz gegeben! Der General
schloß seinen Bericht mit den Worten, die Leute mögen reden, was ihnen beliebe,
für ihn sei das Problem des Todes gelöst, denn einen Tod gebe es gar nicht.
Zur Frage der künstlichen Hervorbringung von Stigmen.
Vor einiger Zeit (im Mai 1931) hatte ich in Stollberg Gelegenheit, Experimente
des ehemaligen Bergmanns Diebel zu sehen, von dem bekanntlich auch
die okkulte Presse behauptete, daß seine Hervorbringung von Stigmen usw. auf
künstliche Weise bewirkt würde. Er führte seine Experimente im Zusammenhang
mit dem Vortrage eines hiesigen Arztes über die Stigmatisierte von Konnersreuth
vor, und zwar unter Bedingungen, die an nichts anderes als an
Autosuggestion glauben lassen. Diebel, der etwa den Eindruck eines kommunistischen
Wanuierredners macht, brachte sich vor den Versuchen in den Zustand
höchster Konzentration und zeigte dann, unter den Zuschauern umhergehend,
wie aus seinen Augen eine blutige Flüssigkeit her abrann, ebenso floß in der
Gegend der Kniescheibe aus seinem Körper Blut, das dann auf Watte aufgefangen
und Zuschauern /ur Untersuchung mit nach Hause gegeben wurde. Der Körper
Diebels, der nur an den Hüften bedeckt war, war vorher genau von Zuschauern
besichtigt worden. D. ließ, um die Unempfindlichkeit seines Körpers zu beweisen
, sich dann noch von einem der Anwesenden einen Bolzen anschießen,
der etwa in Nabelgegend, ohne irgendwie Blutspuren hervorzurufen, einen Zentimeter
tief in den Körper eindrang, auch diese Wunde konnte von jedem der
Anwesenden besichtigt werden. Er ließ sich schließlich noch heißes Siegellack
Hl den Rachen einträufeln, wobei, wie er selbst erklärte, bei einer bestimmten
Hitze die flüssige Masse dem mit Speichel überzogenen Gaumen nichts anhaben
konnte. Die Experimente waren so, daß kaum an eine künstliche Hervorrufung
gedacht werden kann, es scheint sich auch hier um eine abnormale,
durch Konzentration hervorgerufene, Einstellung des Körpers b/w. des Nervensystems
gehandelt zu haben.
Bemerkt sei übrigens, daß sich die Phänomene Diebels gegenüber denjenigen
der Therese von Konnersreuth recht dürftig ausnehmen: während es sich bei
Diebel nur um ein dünnes Blutgerinnsel handelt sah ich (ohne ein Urteil über die
grundsätzliche Gleichheit oder Verschiedenheit beider Erscheinungen abgeben
zu wollen) bei einem Besuche in Konnersreuth während der Freitagsekstase im
Juli dieses Jahres, wie nicht nur zwei außerordentlich starke Blutbäche aus den
Augen der Stigmatisierten herabrannen, sondern es /eisten sich auch starke
Blutungen an den inneren Handflächen und am Kopfe, wahrend der Blutaustrittf
in der Nähe des Herzens aus natürlichen Gründen nicht sichtbar war.
Der Kuriosität halber sei noch erwähnt, daß auch die Leipziger Hellseherin
Frau Hessel neuerdings stigmenartige Erscheinungen an sich erlebt hat. So er-
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