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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0076
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Zeitschrift für Parapsydhologie. 2. Heft. (Februar 1932.)

ja ausgesprochen „elend*4, in schwarzer Kleidung und anscheinend auch schwarz
verschleiert. Indessen war die Familienähnliclikeit so durchschlagend, daß
meine Frau nicht einen Augenblick an der Identität der ihr Begegnenden
zweifeln konnte. Sie machte sicn von *nir los, tun der alten Bekannten nachzublicken
; doch war diese nicht mehr zu entdecken, — anscheinend in der
Menge untergegangen. Meine Frau holte mich daher wieder ein, fühlte sich
aber nicht bewogen, von dem Gesehenen zu mir zu sprechen: das erschütternd
veränderte Aussehen der Jugendbekannt en ging ihr lebhaft im Kopf herum,
und es kam ihr mehr und mehr zum Bewußtsein, daß die ganze Erscheinung
überhaupt etwas starres und seltsam schattenhaftes an sich gehabt hatte, wie
die eines „Films*', der sich zwischen den Passanten hindurchbewegte. Trotzdem
zweifelte sie immer noch keinen Augenblick daran, daß sie die lebende
v. P. gesehen hatte.

Am Freitagabend war buchstäblich das erste, was meine Frau in der Zeitung
las, eine Todesanzeige, nach welcher Grete v. P. in der Nacht vom Mittwoch
auf den Donnerstag in S. nach „schwerem Leiden' gestorben war. Dies verursachte
meiner Frau einen derartigen Schock, daß sie auch jetzt noch nicht
zu mir \on der Sache sprechen konnte und eine sehr kurze und unruhige
Nacht verbrachte. Heute früh erst berichtete sie mir ausführlich von dem
Vorgang. —

Der Fall gehört offenbar in eine Klasse mit vielen ähnlichen wohlver-
bürgten, in denen gleichfalls die verstorbene Person erblickt wird, nicht wie
sie dem Perzipienten von früher her in der Erinnerung lebt, sondern aller
Wahrscheinlichkeit nach genau so, wie ihr Aeußeres sich inzwischen verändert
hat. Der zeitliche Abstand zwischen Tod und Erscheinung kann (auch ohne
Erkundigung bei den Hinterbliebenen) auf mindestens i5 Stunden festgesetzt
werden: die Todesanzeige sagt „in dieser Nacht*'; wäre der Tod nach 3 Uhr 3o
erfolgt, so wären wohl die Worte „heute früh" gewählt worden. Dies muß
man im Auge behalten bei der Entscheidung der Frage, ob man bei der
Deutung des Vorganges eine zunächst latent bleibende Fernwirkung der Noch-
Lebenden heranzuziehn berechtigt sei, oder nicht. Diese Frage ist seinerzeit
ebenso meisterhaft wie ausführlich von Edmund Gurney erörtert worden
(s^ Proc S.P.R., V ^o6f.), der bereits in seinem klassischen Werke „Phan-
tasms of the Living" versuchsweise einen Abstand von 12 Stunden als Grenze
für die Annahme einer Latenz festgesetzt hatte, also auch für die Annahme
von „Erscheinung eines ♦ L eb e n d en". Gurney hatte dabei aber nachdrücklich
geltend gemacht, daß in allen solchen Fällen ein Zustand des Perzipienten
vorausgesetzt werden müsse, der die raschere Sensualisierung eines unterbewußt
empfangenen Impaktes unwahrscheinlich mache, während eine
solche Sensualisierung erwartet werden müsse, sobald das Bewußtsein
des Perzipienten von äußeren ablenkenden Eindrücken frei würde. Unter
diesem Gesichtspunkt muß darauf hingewiesen werden, daß im Verlauf des
Donnerstags meine Frau wiederholt, am ausgiebigsten während der völligen
Ruhe der frühen Nachmittagstunden, in geeigneter Verfassung gewesen wäre,
eine latent vorhandene (telepathisch oder hellsichtig erworbene) Vorstellung


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