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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0081
Zenker: Ueber einen postmortalen Spukfall in Leipzig.

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In der Nacht vor ehr Beerdigung abermals die gleichen Erscheinungen, nur .
noch abgeschwächter. Unheimlich ist immer das schlürfende typische Geräusch
von Schritten, wie die Tote zu gehen pflegte. Herr X. ist diesmal zu müde, um
aufzustehen. Er bleibt aber wach im Bett. Der Spuk beginnt etwa */4 Stunde,
nachdem es n Uhr geschlagen. Nach der Beisetzung verschwinden in der Wohnung
von X. alle paranormalen Erscheinungen. Herr und Frau X. beziehen vorübergehend
die mütterliche Wohnung, weil Herr Y. sich allein dort fürchtet.
Er behauptet, des öfteren nachts den schlürfenden Gang von Frau X. sen. ge-f
hört zu haben. Etwa eine Woche nach dem Todestag hört Frau X. noch einmal
nachts das gleiche typische schlürfende Geräusch, als ob ihre Schwiegermutter
nach der Wohnküche ginge. Dann endet der Spuk auch hier.

Zum Ganzen wäre zu bemerken, daß die alle Dame wohl über irgend etwas
ein gewisses sie drückendes Schuldbewußtsein besessen haben mag. Besonders
am Leben hat sie meines Wissens nicht gehangen. Wie so oft bleibt auch in
diesem Falle, von der einen unbestimmten Vision abgesehen, die auf die
anderen Anwesenden nicht übertragen wurde, das ganze Phänomen im Akustischen
stecken. Immerhin mag es unbehaglich genug gewesen sein.

So leicht medialer Spuk, den man mit gleichem Recht als animistischen
be/eichnen kann, sich erklären läßt, so lange wird uns wohl der postmortale,,
der stets räumlich gebunden zu sein pflegt, ein llätsel bleiben. Welche Kräfte
hier wirken, wer weiß es? Ist es vielleicht der Wille zum Leben, der unser
phvsisches Dasein überdauert, wie ja auch, ich folge hier den Ausführungen
Dr. Raphael v. Köbers, der Buddhismus lehrt, daß der Lebenswille die Toraussetzung
zur Wiederverkörperung sei. Daß die notwendige Bedingung beim postmortalem
Spuk einer Person deren mediale Befähigung wäre, möchte ich
nach meinen langjährigen Erfahrungen bezweifeln. Jedenfalls hatte ich in vieljährig
engem Zusammenleben mit einer älteren Dame Gelegenheit zu beobachten
, daß dieser niemals etwas „Uebersinnliches" zugestoßen war, daß nach
ihrem Tode aber lange Zeit andauernde unheimliche Spukphänomene auftraten.
Ich weiß nur von ihr bestimmt, die unerwartet durch eine Leuchtgas\ergiftung
endete, daß sie sehr am Leben hing. Ueberdauernder Lebenswille? Und wio
sind Spukerscheinungen an Orten eines Verbrechens zu erklären, die, wie ich
einen solchen in Lichtenstein (Sachsen) kennengelernt habe, Generationen überdauern
können, sofort aber zu verschwinden pflegen, wenn das Schautheater
ihres Auftretens, die Räumlichkeit, in der der Spuk abläuft, zerstört wird?
Sollte uns hierauf nur der Spiritismus eine leicht verständliche Antwort geben
können?

Nachschrift vom 20. November 1931: Soeben teilt mir Frau X. mit, sie sei
vor zwei Stunden mit ihren beiden Kinderchen auf dem Friedhof gewesen, um
das Grab ihrer Schwiegermutter für den Totensonntag neu zu schmücken. Die
alte Dame hat übrigens, wie auf meine spezielle Frage mir nochmals aus»-
drücklich mitgeteilt wird, ungemein am Leben gehangen. Plötzlich
habe ihr 51/2 jähriges Söhnchen gesagt: Hörst du s nicht, Mutti? Großmutti hat
eben dreimal geklopft. Sie selbst sei in Gedanken an Vergangenes gewesen und


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