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Hlig: Beitrag zur Erforschung postmortaler Spuk Vorgänge.
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nungen äußerst selten und kämen nur vereinzelt vor, sie seien aber stets
Todesboten. Möglicherweise sei der Todeskandidat selbst das Medium, der die
Geisterkräfte Verstorbener wecke, „die an bestimmte Häuser oder an Zubehör
dieser Häuser gebannt sind", und sich durcb sie kundgeben. Ich möchte die
Frage nach dem W i e? hier auf sich beruhen lassen, sondern mit dem Hinweis
auf Lombroso nur die Tatsache feststellen, daß der von mir geschilderte
Fall nicht vereinzelt steht, sondern auch schon von andern in ähnlicher Weise
beobachtet wurde, so daß man sich für berechtigt halten kann, hier die Auswirkung
einer gewissen, wenn auch unbekannten psychischen oder psycho-
physischen Gesetzmäßigkeit zu vermuten.
Nach der eingehenden Darstellung dieser Beobachtungen, bei denen niemand
, der sie nicht in ihrem Zusammenhang kennt, die Auswirkung ortsgebundenen
postmortalen Spuks vermuten würde, weil sie in keiner Weise
einen individuellen Charakter zeigen, der auf eine bestimmte Persönlichkeit
schließen ließe, sondern nur erkennen lassen, daß hier etwas geschieht, was
anderwärts nicht geschieht und was man sich nicht erklären kann, sollen nun
noch andre Fälle zur Darstellung gelangen, in denen die akustischen Phänomene
einen individuellen Charakter zeigen und von sichtbaren Erscheinungen begleitet
sind, die auf Beziehungen des Spuks zu einer ganz bestimmten verstorbenen
Persönlichkeit hinweisen und diese als seine Ursache vermuten lassen.
Die Mutter und ihr Kind.
Am 9. November 1926, früh 3 Uhr, starb in einem württembergischen
Krankenhaus eine junge Frau, die infolge einer Geburt erkrankt war. Man
hielt zu dieser Zeit den Fall nicht mehr für bedenklich und rechnete mit baldiger
Genesung, weshalb auch ihre Angehörigen trotz aller zarten Aufmerksamkeit
und sorglichen Pflege nicht für nötig hielten, immer um sie zu sein.
So war isie denn in einer trüben Spätherbstnacht allein, als früh urai ä *Uhr ganz
plötzlich und unerwartet eine große7 Schwäche über sie kam, die mit einer
Herzlähmung endete. Angesichts des Todes scheint sie der Gedanke an ihre
Lieben und namentlich an ihre Mutter erfaßt und erfüllt zu haben, denn es1
rang sich Im Augenblick ihres Verscheideiis, wie ihre Pflegerin mitteilts, noch
der Ruf „Mutter! Mutter!" von ihren Lippen. Dieser seelische Vorgang übertrug
sich auf sechs in verschiedenen Teilen Deutschlands wohnende Personen
, ihre nächsten Verwandten, und weckte sie aus dem Schlaf: ihre Mutter,
ihren Vater, ihre Schwester, ihren Mann, ihren Schwiegervater und ihre
Schwägerin. Alle 9echs waren, wie eine sofortige Aussprache ergab, bei dem
mit einem ungewöhnlichen Gefühl verbundenen Erwachen von dem Gedanken
beherrscht: Jetzt ist E. gestorben. Jedes einzelne von ihnen sah sofort auf die
Uhr und stellte die Zeit fest: drei Uhr. Die so unerwartete Ueberraschung
durch den Tod hatte die seelischen Energien der Sterbenden so tief aufgeregt,
daß ihre letzten Gedanken und Wünsche hinausvibrierten in alle Welt wie die
Wellen der drahtlosen Telegraphie, und von den auf sie eingestellten „Empfängern
" oder „Detektoren*' aufgefangen und sofort auch richtig wiedergegeben
und verstanden wurden, wenn auch nur gefühlsmäßig als deutliche
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