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Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft (Februar 1932.)
Deutschlands gehört, in die Reihen der Anhänger vollzieht sich definitiv der
Übergang des Okkultismus in die offizielle Wissenschaft, wo er in Zukunft als
Parapsychologie seinen Platz behaupten wird.
Das im Vorstehenden geschilderte große Verdienst des Leipziger Philosophen
um unsere Sache ist vielleicht im Auslande noch höher geschätzt worden
wie im Inland und fand auch äußerlich seinen Ausdruck in Form einer ihm
seitens der Society for Psychical Research dargebrachten Ehrung. Diese seit
1882 bestehende Gesellschaft für Parapsychische Forschungen, eine der größten
wissenschaftlichen Vereinigungen Englands, wählte Driesch für 1926 zu ihrem
Vorsitzenden. Unter den seit ihrem Bestehen amtierenden 25 Präsidenten ist
Professor Driesch der erste Deutsche!
Nach Dr. Zeller (1. c.) ist Driesch der bedeutendste Vertreter vitalistischer
Anschauungen in unserer Zeit. Der Träger der vitalen, wie der parapsycho-
logischen Erscheinungen ist für, ihn die Entelechie, die Lebenskraft, wie
man früher sagte, eine individuelle Naturkraft intelligenter oder quasiintelligenter
Art, wie er in seiner „Philosophie des Organischen" ausführt. „Diese
geistige Potenz ist als prä- und postexistent aufzufassen, da sie sich nicht allein
aus der Materie erklären läßt. Ob die Einzelseele bewußt fortlebt, ist dagegen
aus den Tatsachen des Okkultismus nicht ersichtlich."
Eine besondere Stellung in der Geschichte des neueren Okkultismus nimmt
der im Juli 1926 verstorbene Berliner Ingenieur Fritz Grunewald ein. Seit
1906 beschäftigte er sich mit den Fragen des Mediumismus, aber erst 1920 erschien
sein erstes Werk auf diesem Gebiet „Physikalisch-mediumistische Untersuchungen
(Verlag Pfullingen), das als eine der wichtigeten Arbeiten des letzten
Jahrzehnts bezeichnet werden darf.
Die ausgesprochen physikalische und konstruktive Begabung dieses in der
Zurückgezogenheit lebenden, bescheidenen Gelehrten, seine Überzeugung, daß
man die physischen Erscheinungen des Mediumismus von den Sinnen unabhängig
machen und durch selbstregistrierende Apparate aufzeichnen solle,
führten ihn zur Errichtung des ersten parapsychologischen Laboratoriums in
Deutschland. Vielleicht wäre dieser weitabgewandte, in ärmlichen Verhältnissen
lebende Gelehrte niemals aus seiner Zurückgezogenheit herausgetreten, wenn es
nicht dem Verfasser schon vor Erscheinen seines ersten Werkes gelungen wäre,
*ihn mit einem der angesehensten und reichsten Industriellen Dänemarks bekannt
zu machen, der trotz seiner anthroposophischen Neigungen doch die wissenschaftliche
Bedeutung des Okkultismus begriffen hatte. Auf Veranlassung und
mit den Mitteln desselben konnte Grunewald mit seinem ganzen Laboratorium
nach Kopenhagen übersiedeln und dasselbe auf dem Parapsychologenkongreß
1921 den Gelehrten aller Länder demonstrieren.
Die Einführung des meßtechnischen Verfahrens zum objektiven Studium
der Phänomene durch Grunewald wurde grundlegend und vorbildlich für die
Zukunft. Besonders 'hervorzuheben sind der Bau einer hochempfindlichen analytischen
Wage mit photographischer Aufzeichnung, ferner seine Untersuchungen
über Ferromagnetismus im Menschen (Änderung der magnetischen Intensität
durch Willensimpulse), die verbesserte Nachbildung des Wageversuchs von
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