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Zeitschrift für Parapsydiologie. 2. Heft. (Februar 1932.)
ausgeliefert sind. Nur wo das ganze Ich im Pol des Nichtseins versinkt ohne
Spaltung in Teile träumenden und trägen Verharrens und verwehender Bewußtheit
, findet es in völlig lösendem Tiefschlaf wie durch eine aus dem Zerfallstrudel
erwachsende Tarbinenkraft Reinigung und Antrieb zu neuem jugendfrischen
Morgen. (Vgl. meine kleine Schrift „Die Welt im Ich", Verlag Erich
Lichtenstein, Weimar. Der Verf.)
Nicht die Erscheinung oder Offenbarung an sich, und scheine sie noch so
groß oder unerhört, bringt letzte Erfüllung, sondern der Schwung von Pol zu
Pol, von der Erscheinung selbst zu ihrem Entschwinden in ständig wechselnden
Perioden und Pendelschlägen, in Welt und Ich umfassender Konsequenz. Was
bei Ueberbetonung angeblich höherer oder gar in sich ewiger Seinswerte wildwogende
Kämpfe herausfordert, findet sich zu ausgleichendem Lebensstrom und zu
sachlicher Auseinandersetzung zusammen, wenn es auch das sonnigste Tagwerk
nur in Nacht und Nichtsein Vollendung suchen läßt. Nichts ist unsrer Kultur
so notwendig wie jenes periodische tiefste Ausruhen vom Hasten und Jagen nach
neuen Gütern und Kenntnissen, jene zeitweilig wiederholte Losgelöstheit vom
Sein, jene Vergänglichkeit, wie sie jedes alltäglichste und nicht anders jedes
außergewöhnliche oder selbst übersinnliche Gleichnis lehrt im Wechsel von
Tag und Nacht von Gedankenblitz und Vergessen und von abertausend anderen
Auf und Ab des Lebenspulses. Auch die Nacht verlangt ihre Vertiefung.
Und ebenso weisen unzählige Gleichnisse darauf hin, daß Entschwundenes
wiederkehrt. Wie es keine ewige Nacht gibt, so gibt es kein ewiges Vergessen.
Das Unbefriedigende der Wiederkehr, das blinde Zusammensuchen der Teile aus
kosmischen Fernen, kann nur durch ein Ich beseitigt werden, das auch dem
Schattenpol des Daseins bewußt sein Recht gibt und dadurch schließlich selbstschöpferisch
Welt- und Stammesgeschichte reaktiviert einschließlich jenes Ur-
geschehens, wo aus Nichts — Etwas entstand. Loslösen und Vergessen wirkt
um so tiefer, je mehr dabei die Harmonie des Ganzen gewahrt bleibt, je weniger
das Ich sich spaltet zur Doppelmoral geistig-überheblichen Nirvanas neben
unerlöst zurückbleibenden Seinsresten des vegetativen Pols, je stärker Glaube
und Vertrauen sich ranken um den Gedanken, daß im icherleben eine abgekürzte
und individualisierte Welt zur Wiederkehr gemeistert werden kann da, wo sie
in eigenen Flammen sich ganz verzehrt.
An den Grenzen sinnlich-seelischen Wachstums, am Rande der Nacht entschweben
Welt und Ich, vom Zugriff der Nähe befreit, zur Schönheit und Majestät
des Ewigen, in Weltfernen des Nichtseins, zu einer Umkehr und Wiederkehr
, die alle begründeten Widersprüche des Daseins als gesetzlich bedingte
let/te Relationen vernünftig und zugleich liebenswert macht.
Vorzeichen und prophetische Traume gelegentlich eines Sterbefalles.
Von Prof. Johannes Kasnacich, Graz.
Den Lesern der Zeitschr. f. Parapsychologie ist ein klassischer Wahrtraum
mit stark spiritistischem Einschlag, den meine Frau, Elly K., gelegentlich eines
Todesfalles träumte, aus dem Augustheft 1928 der Zeitschr. f. Parapsychologie
bereits bekannt. Der Traum wurde im „Zentralblatt für Okkultismus" (1928,
5.66), in der „Zeitschrift für Seelenleben" vom 15. Jan. 1929 ebenfalls veröffentlicht
und von Prof. Schröder im 7. Heft 1930 der „Zeitschrift für metapsychische
Forschung" eingehend besprochen. Am 15. September dieses Jahres
starb mein Schwiegervater. An diesen Todesfall knüpfen sich Vorzeichen und
prophetische Träume, über die ich kurz berichten will. Vor der Erkrankung
ihres Vaters träumte es meiner Frau, sie ginge mit ihrer Mutter und ihrer Schwester
spazieren und alle drei trügen tiefe Trauer. Es fiel ihr auf, daß sich ihr
Vater nicht in ihrer Gesellschaft befand. Einige Nächte später erwachte meine
Frau und erstaunte, das Schlafzimmer, ohne daß ein Licht gebrannt hätte, hell erleuchtet
zu sehen. Sie vermutete, der Lichtschein dringe aus dem Nebenzimmer,
in weichem unser Bub schläft und dessen Tür offen war, heraus und stand auf,
um zu sehen, ob das Kind etwas benötige. Es brannte jedoch auch in seinem
Zimmer kein Licht, doch dauerte die Helligkeit an, ohne daß sie die Lichtquelle
hätte entdecken können. Als sie sich wieder niedergelegt hatte, war es im Zimmer
stockfinster geworden. Ein Versuch, mich zu wecken, blieb erfolglos. Es
ist auffallend, daß so oft meine Frau des Nachts etwa> Abnormales erlebt, ich
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