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Iiiig: Beitrag zur Erforschung postmortaler Spukvorgange. 109
sie. Er erhob seine rechte Hand und schrieb mit dem Zeigefinger
wie in die Luft — es war seine Handschrift — die
Worte: „Zwei Jahr." Als er's geschrieben hatte, streckte
er, wie um es auch noch durch die Zeichensprache zu bestätigen
, zwei Finger gegen sie aus, den Daumen und den
Zeigefinger, worauf er verschwand. Diesmal entfernte er sich
nicht wie seither mit Polterschritten, sondern geräuschlos und wie schwebend.
In der folgenden Nacht wiederholte sich dieses Phänomen in ganz gleicher
Weise. Von dieser Zeit ab wurde das Phantom etwas lichter und sein Blick
etwas befreiter, aber die Gesamterscheinimg war noch immer recht düster
und ernsl.
Von ganz besonderem Interesse ist das Verhältnis de> Spuks zu den Kindern,
vier an der Zahl, die noch allesamml sehr jung waren. Auf dem Speicher war
unter anderem Gerümpel eine schon von den Voreltern stammende, über
hundert Jahre alte Schwarzwälderuhr gelegen, die weder Pendel noch Gewichte
mehr hatte. Diese Uhr hatte der Verstorbene bei seinen Lebzeiten, als
seine Kinder nach Spielsachen verlangten, in den Korridor heruntergeholt und
auf einen dort stellenden Schrank gelegt. Wenn er Zeit hatte und guter Laune
war, zog er an einem aus der Uhr hervorstehenden Draht und ließ sie schlagen
. Das machte den Kindern immer große Freude. Diese Uhr fing nun, als
der Spuk im Hause schon "eine Zeitlang eingesetzt hatte, plötzlich zu
schlagen an, ohne daß irgend jemand mit ihr in Berührung
gekommen war oder sonstwie eine physikalische Möglichkeit
dazu gegeben war. Beim Hinzutreten» konnte man
genau sehen, wie das Drähtchen, an dem das l hrwerk in
Bewegung gesetzt werden konnte, sich von selber hob und
heraustrat, als ob es von einer Hand herausgezogen würde.
Man sah aber weder eine Hand, noch ein anderes Greiforgan. Als dieser
Uhrenspuk erst einmal begonnen hatte», wiederholte er sich immer und immer
wieder und wurde immer ärger. Wii besonderer Vorliebe setzte er ein, wenn
die Mutter aufs Feld ging und die Kinder allein zu Hause lassen mußte. Er
hörte dann nicht mehr auf, bis sie wieder nach Hause kam. Aber auch dann
ging er in der Hegel noch eine Weile weiter. Sie deutete «ich das so, als
wollte ihr verstorbener Mann in der Weise, in der er es eben noch konnte,
um die Kinder besorgt sein und auch ihr das zeigen. Wenn die l hr zu
schlagen begann, stellten sich die Kinder vor sie hin und ,,guckten". Fragten
sie, was denn das sei und wie es komme, dann tat ihre Mutter, wie wenn sie
sich nichts daraus mache und sagte: Ach, laßt's machen, das hört von selbst
wieder auf! Des waren die Kinder zufrieden und nahmen den Spuk als eine
Selbstverständlichkeit hin. Denn sie waren ja alle noch sehr jung und unerfahren
.
Es ist bereits angedeutet worden, daß die Frau den Eindruck hatte, als
wolle der Spuk ihr persönlich zu Diensten sein. Das ergab sich ihr besonders
aus der Art, wie er auch ihre Schwester in den Spukbereich einbezog. Bei
dieser begann er, wie bereits erwähnt, sofort nach der Beerdigung, wäh-
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