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Zeitschrift für Parapsychologie. 3. Heft (März 1932.)
rend im Sterbehause selbst, abgesehen von den drei ersten Tagen, in denen der
Tote noch im Hause lag, vier Monate lang Ruhe herrschte. Die Frau erblickte
in dieser Pause eine Rücksichtnahme auf ihren Zustand — sie befand sich
damals in anderen Umständen. Aus dem folgenden Vorgang mag man ersehen,
daß ihre Vermutung in der Tat eine gewisse Berechtigung hatte. Es war im
zweiten Jahr nach dem Todesfall zu Beginn des Herbstes nachmittags zwischen
2 und 3 Uhr. Die Schwester saß in ihrem Zimmer, als es plötzlich
zu pochen begann, aber ganz anders, als sie es bisher gewohnt war. Da daa
Pochen gar kein Ende mehr nehmen wollte, dachte sie: Was will aber der N?
(Damit meinte sie den Verstorbenen.) Sie hielt es für ganz selbstverständlich,
daß kein anderer als der Verstorbene der Urheber des Pochens war. In der
Annahme, daß es vielleicht bedeute, sie solle ihrer Schwester auf der Wiese
beim Oehmden helfen, ging sie hinaus auf die Wiese, traf aber dort niemand.
Als sie wieder nach Hause zurückkam, wurde sie dort von einem noch stärkeren
Pochen empfangen. Nun begab sie sich in das Nachbardorf, um dort
ihre Schwester aufzusuchen. Sie traf diese krank im Bett und mit hohem
Fieber. Die Aussprache ergab, daß es auch bei ihr sehr stark gespukt hatte.
Es war einmal ums andere gewesen, wie wenn sich eine Zentnerlast plumpsend
auf das neben ihr stehende Kinderbett niedergelassen hätte, daß es krachte,
als wollte es auseinanderspringen. Dabei ertönte etwas wie ein Stöhnen
und Jammern. Nachdem die Schwesler eingetroffen war, trat Ruhe ein.
Als die beiden Schwestern einmal nebeneinander schliefen und die ledige nach
der verwitweten den Arm ausgestreckt hatte, um sie zu wecken — diese war
bereits von der Berührung erwacht — wurde ihr Arm plötzlich gelähmt»
daß sie ihn nicht mehr zurückbrachte. Wie die ledige, so wurde auch die ver-
* wilwete Schwester oft am Kopf oder an den Armen kräftig berührt, wie um
sie auf die Anwesenheit des Verstorbenen aufmerksam zu machen, der zu gewissen
Zeilen oft halbe Nächte lang so fest auf dem Fußende ihres Bettes
saß, daß sie ihre Füße nicht mehr ausstrecken konnten.
Als nach Verfluß von etwa zweieinhalb Jahren noch keine Aenderung eingetreten
war, wandte sich jemand, obwohl die Frau evangelisch war, unter
deren Zustimmung an einen katholischen Geistlichen um Hilfe, der ihr Weihwasser
zugehen ließ und ein besonderes Gebet aufschrieb. Mit dem Weihwasser
soll|e sie das Phantom, wenn es sich wieder zeigen würde, besprengen. Die
Frau war, wie sie selbst sagte, damals noch so durch und durch protestantisch,
daß sie ihre Finger nur mit Grausen in das Weihwasser tauchte und in der
ersten Nacht beim Zubettgehen das Gebet nicht sprechen konnte. Als gleich nach
dem Zubettgehen um halb 12 Uhr das Phantom wieder erschien, spritzte sie ein
paar Tropfen Weihwasser nach ihm, worauf es kehrt machte und verschwand.
Gegen 1 Uhr erschien es wieder, diesmal von der andern Seite, und sie besprengte
es wieder mit dem gleichen Erfolg. Nachdem sich der Vorgang zum
drittenmal wiederholt hatte, entfernte es sich sichtbar und hörbar durch die
Zimmertür und ging mit Poltertritten die Speichertreppe hinauf. Die Frau
war während dieser Vorgänge vollkommen wach und verfügte frei über ihren
ganzen Körper. In der folgenden Nacht machte sie vor dem Zubettgehen
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