http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0137
112
Zeitschrift für Parapsychoiogie. 3. Heft. (März 1932.)
ja, wie sie selbst sagt, „so protestantisch", daß sie nur mit Widerwillen in
das Weihwasser hineingriff, während die Familie ihres Mannes und dieser selbst,
wie ich einwandfrei feststellen konnte, bei Unglück im Stall und bei Krankheitsfallen
stets ihre Zuflucht zu „ßrauehern * (Zauberern) nahm und dem Unheil
mit energischen Mitteln zu begegnen suchte. Der Mann war auf den Glauben
an die Wirksamkeit magischer Mittel eingestellt — und -bei seiner gesamten
Geisteseinstellung mußte er auch das Weihwasser für ein solches Mittel halten
—, die Frau aber nicht. Auf seiner Seite war also die größere fimpfäng*-
lichkeit für Suggestionswirkungen durch dieses Mittel. Vber muß die Wirkung
des Weihwassers unter allen Umständen suggestiver Natur gewesen sein?
Kann sie nicht ebensogut unmittelbar vom Objekt selbst ausgegangen sein?
So gut bei gewissen Personen bei der Berührung mit den ihnen
vorgelegten Gegenständen „psychometrische" Wirkungen ausgelöst werden können
, so gut ist auch bei andern die Auslösung magischer Wirkungen denkbar,
docli das ist eine Frage, die wir hier nicht weiter zu untersuchen brauchen,
wo es sich nur um die von uns bereits bejahte Frage handelt, ob wir in dem
Verstorbenen die Spukursache zu erblicken haben oder nicht?
Kin Vergleich dieses Spuks mil dem in der Tauroggenstraße zu Charlottenburg
zeigt verschiedene gleichartige Züge. Zunächst schließen sich beide Spukfälle
an einen vorausgegangenen Todesfall an. dann spielen sie sich anl ■verschiedenen
Orten zugleich ab. bei Geschwistern, woraus man auf eine mediale
Disposition in der Familie schließen könnte. Dieser Vermutung steht aber
entgegen, daß die Beteiligten sich an ähnliche Erlebnisse in ihrer Familie nicht
erinnern und daß auch nicht recht einzusehen ist, wieso gerade ein Todesfall
bei mehreren Gliedern einer Familie zugleich spontane mediale Fähigkeiten
von einem Ausmaß auslösen sollte, wie man sie selbst bei erprobten Medien
von Ruf nur höchst seilen findet. Ganz auffallend ist in beiden Fällen die
Spielerei mit Kindern, in Charlottenburg mit der Puppe und hier mit der Uhr.
Wenn man aus dieser Tatsache in Charlottenburg auf Lucie als Medium schließen
und sagen wollte, das Kindliche des Spuks weise auf eine kindliche Psyche
aJ^ ihre Ursache hin. so müßte logischerweise geschlossen werden daß auch
in dem von mir berichteten Fall, eines der Kinder das Medium gewesen sei. Ks
müßte dann also nicht bloß bei der Mutter und ihrer Schwester, sondern auch
nofti bei einem oder sogar mehreren Kindern durch den Todesfall di<> mediale
Befähigung ausgelöst worden sein. Diese Annahme würde aber eine rein
animistische Deutung beider Fälle nicht erleichtern, sondern sehr erschweren,
ja nahezu unwahrscheinlich machen. Zum Schluß noch ein Worl über die
Symbolik in beiden Fällen, die echt unterbewußten Charakter zeigt. In Charlottenburg
ist es der Sensemann und hier sind es die beiden mythischen Licht-
hörner. Der Onkel als Sensemann sagt: „Ich bin gestorben", und der Mann
mit den Lichthörnern, des Tierkreiszeichens des „Widders", das in jedem Frühjahr
das neue Wachstum einleitet, sagt: „Der Tiefstand dei innern Finsternis
ist überwunden, es wird wieder aufwärts gehen."
Ich habe in meinem Buche „Ewiges Schweigen —?" zu erweisen versucht,
daß das den Tod überdauernde Bewußtsein nicht das wache, logische ist, son-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0137