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v. Schrenck-Notzing: Die Entwicklung des Okkultismus zur Parapsychologie. 121
„psychischen Dingwelt" dar. Eduard von Harlmann nimmt eine luerarohisch
geordnete Vielheit von Unterbewußtseinen an, deren umfassendste überindividuelle
Gestaltungen die psychische Totalität einbegreifen.
Weiter bietet eine ernste wissenschaftliche Arbeit über das Hellsehproblem
Regierungsrat Ubald Tartaruga mit seinen neuen „Retroskopischen Versuchen
", die in einer Studie mit der etwas reklamehaften, nicht der Bedeutung
des Inhalts angemessenen Aufschrift „Aus dem Reiche de® Hellsehwunders"
(Baum, Pfullingen 1925) erschienen sind. Als Agenten dienten ein junger
Mann, Ernst L. und die bekannte Hellseherin Frau Megalis, mit welcher der
Wiener Jurist Dr. Leopold Thoma bereits im Jahre 1921 psychoskopische Experimente
im Rahmen der Kriminalistik angestellt hatte. Die Aufgaben wurden
unter Einhaltung zuverlässiger Kontrollmaßnahmen zum Teil so eindeutig
gelöst, daß man Hellsehen anzunehmen berechtigt war.
Derselbe Autor hatte bereits im Jahre 1922 ein ziemlich umfangreicheaf
Werk „Kriminaltelepathie und Retroskopie" (Leipzig, Altmann) publiziert.
Er unterscheidet Tricktelepathie, Beobachtungstelepathie (gleich Muskellesen)
und echte Telepathie. Die in Verbindung mit Dr. Thoma angestellten Untersuchungen
sollten dartun, ob mit Hilfe der hellseherischen Fähigkeit von Frau
Megalis wirkliche Kriminalfälle aufgeklärt werden könnten. Obwohl auch diese
Versuchsreihe manche zutreffenden Antworten ergab, kam der Autor doch zu
dem Ergebnis, daß diese Methode zur ständigen Eingliederung in den behördlichen
Kriminaldienst nicht geeignet, wohl aber als Teilgebiet des Gesamtbodens
für Hellsehversuche zu empfehlen sei.
Zu einem ähnlichen Resultat kommt der Landesgeriehlsdirektor Dr. II eil-
>\ i g in seinem Buch „Okkultismus und Strafrechtspflege" (1926, S. 106).
Er sagt: „Nur nebenbei sei bemerkt, daß es gewisse Schwierigkeiten machen
würde, die Bekundungen der Kriminaltelepathen strafprozessual '"'^ndwie zu
verwerten, es sei denn als Anhaltspunkt für weitere Nachforschungen." ^Vgl.
auch Hellwig, „Wahrsagen und Strafrechtsreform". Deutsche Jur'olenzeitung
1908, S. 63/i.) Noch ablehnender äußert sich Schneickert in -einen „Beiträgen
zur gerichtlichen Beweislchre" (192'1, S. 68—79).
Eine heftige Kontroverse in Fachkreisen und in der Tagespresse rief der
Bernburger Hellsehprozeß gegen den Lehrer D r o s t hervor, der mil Hilfe
verschiedener Medien kriminalistische Tatbestände zum Teil erfolgreich aufklärte
, so daß es trotz längerer Untersuchungshaft zu einer Freisprechung kam.
Wenn auch die telepathischen Fähigkeiten der Drostschen Medien in der
Gerichtsverhandlung bewiesen werden konnten, so blieb doch die Frage unentschieden
, wie weit durch dieselben kriminalistische Tatbestände aufgeklärt
worden sind. (Vgl. Kröner „Die Ergebnisse des Bernburger Hellsehprozesses".
Psychische Studien, Dezember 1925, ferner Arthur Seeling „Hellsehen". Eine
Studie mit besonderer Berücksichtigung der Experimente im Dessauer Gerichts-
gefangnis. Berlin 1925, Pyramidenverlag.)
Ein^ systematische. Darstellung des Wahrsagens vom kriminalogischen Standpunkt
enthält das Werk des Privatdozenten Dr. Rudolf Streicher „Das
Wahrsagen" (Julius Springer, Wien 1926). Verfasser geht gegen das Wahr-
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