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Zeitschrift für Parapsychologie. 3. Heft. (März 1932.)
Noch bedauerlicher ist es aber, wenn selbst manche keineswegs übelwollenden
, aber noch schwankenden Forscher durch die konsequent wiederholten
Lügen derart suggestiv beeinflußt werden, daß. auch sie von der Vorstellung
des ständig lauernden Betruges nicht loskommen, und in dieser Lage
den Berufstaschenspieler für ihren geeignetsten Bundesgenossen halten. Demgegenüber
habe ich bereits im Aprilheft vorig. Jahrgangs auf Seite 168 darauf
hingewiesen daß Betrug von Seiten der Versuchspersonen etwas geradezu
seltenes ist und in den wenigen Fällen, wo er erwiesen, von den Versuchsleitern
selbst aufgedeckt wurde. Die historische Entwicklung ist doch nun einmal die,
daß alle die; Einzelerscheinungen, die den Gegenstand moderner parapsychischer
Forschung bilden, aus den alten spiritistischen Familienzirkeln überkommen
sind, in denen zwar keine besondere Kritik geübt wurde (daher sicher viel
animistisches unterlief), aber auch nicht die geringste Veranlassung zu gegenseitiger
Täuschung vorlag. (Vgl. Blacher, Septemberheft, Seite 444») So sind
noch heute unsere Privalniedien im allgemeinen harmlose Mitmenschen und
alles andere als Berufstaschenspieler. Die Experimentatoren und Zirkelteilnehmer
wiederum opfern nicht neben ihrer Berufstätigkeit einen Teil ihrer
Nächte, um sich mit kindischem Betrüge abzugeben.
Ich bitte nun, mir das nicht so auszulegen, als ob ich der Einrichtung
kritikloser Zirkelsitzungen das Wort rede. Man kann genug einfache und nicht
behindernde Kontrollen anbringen; auch, wenn man die Mittel hat, genügend
experimentieren und forschen1), ohne bloß immer davon auszugehen, wo
möglicherweise der Betrug sitzt. Abgesehen von dem Grundsatze, den ich aufgestellt
und wieder bestätigt gesehen habe, daß echte Ereignisse ihre Kontrollen
in sich selber tragen. Ein Grundsatz, der zu meiner Freude inzwischen auch
* von Blacher in dem erwähnten Aufsalze als Arbeitshypothese angenommen
worden ist.
Dabei verkenne ich nicht, daß jetzt, wo die Geschehnisse ihrer Art nach
allgemein bekannt und in den Brennpunkt des Interesses gerückt sind, die
Möglichkeit betrügerischer Nachahmung näher Hegt als frühei. Man wird
daher bei jeder solchen Versuchsperson, die aus ihrem Sich-zur-Verfügung-
.Steilen — ich möchte beinahe sagen, ihrem Auftreten — als Medium Vorteile
/ieht, eine gewisse persönliche Kontrolle nicht entbehren können. Und wenn
ein*Forscher sich bei irgendeiner Gelegenheit bewogen fühlt, einen Berufstaschenspieler
zu Rate zu ziehen, so ist dagegen natürlich nichts einzuwenden.
Ebenso wie man sonst einen Fachphotographen, einen Chemiker oder Physiker
zu Rate ziehi. Ich habe bei meinem Blumenapport (Aprilheft, Seite 174) einen
*) Man vergleiche die wunderschönen Resultate, die mittels mikrophoto-
graphischer Methoden bei Analyse direkter Schriftproben in der norwegischen
Gesellschaft für psychische Forschung unter Vorsitz Professor Wereides und Zuziehung
des Fachgelehrten Dr. Bull gefunden wurden. (Vorläufige Illustrierte
Mitteilung in „Aftenposten" vom 20. Nov. 1931.) Die Resultate werden sicher in
Kürze den Lesern der Zeitschrift für Parapsychologie entweder auf dem Umwege
über die Psykisk Tidskrift der genannten Gesellschaft oder direkt in deutscher
Sprache vorliegen. Man beachte aber, wie die große norwegische Tagespresse,
im Gegensatz zu der unserigen, Wert darauf legt, in der Bekanntgabe parapsychologischer
Forschungsergebnisse voranzugehen.
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