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Zeitschrift für Parapsychologie. 4. Heft. (April 1932.)
war. Jm Jahre 1913 sprachen wir mit ihm das letztemal während seines Besuches
in Böhmen.
Im ,1ahre 191/1, nach dein Kriegsausbrüche, haben wir mühsam nach seinem
Schicksale geforscht, besonders unser schon gestorbener Vater, welcher den
heißen Wunsch hegte, mein Bruder möge in der Heimat bleiben. Unserte»
wiederholten Nachfragen in den Anstalten der Länderbank wurden in dem
Sinne beantwortet, daß kein Grund zu Befürchtungen um seine Sicherheit bestehe
, da die Pariser Filiale weiter unter einem französischen Kommissar arbeite
und die ausländischen Beamten angeblich auf ihren Plätzen blieben. Es klang
sehr wahrscheinlich, und deshalb hatten wir keine besonderen Besorgnisse um
sein Schicksal. Es war um so wahrscheinlicher, als die Gendarmen meiner
Schwester verrieten, daß an sie adressierte Briefe aus Frankreich aufgehalten
wurden.
Im September 1917 erkrankte ich an akuter Luftrohrenentzündung, wobei
ich in den Nachmittagsstunden schwächere fieberhafte Delirien hatte. Ich war
zwar bei Bewußtsein, verstand die Fragen meiner Frau, aber die allgemeine
Eingenommenheit und Apathie war so groß, daß meine Frau den mich pflegenden
Arzl um Konsilium des Prof. Dr. Hnatekbat. In diesen fieberhaften Zuständen
konzentrierte sich mein Blick auf die entgegengesetzte Wand, wo am oberen
Rande die Malerei durch einen von der rückwärtigen Seite eingeschlagenen
Nagel beschädigt war. Der Fleck war ungeschickt repariert und stellte eine
Farbenmischung vor. Aus diesem Fleck bildete ich mir einen farbigen Kreis,
welcher sich nach meinem Willen rechts oder links drehte und manchmal nur
wie eine weiße Scheibe aussah. Dieses Spiel wiederholte sich täglich beim
Fieber. Ungefähr am dritten Tage erblickte ich in der Scheibe eine wellenförmige
Ebene, ob es Sand oder Meer war, konnte, man anfangs nicht unterscheiden
. Im Hintergrunde war eine mäßige Erhöhung, und darunter führte
eine kurze, dem Anschein nach hölzerne Brücke aus glatten Stangen. In der
Richtung zur Brücke schritt ein Mann, auf den ersten Blick ein Jäger im
Sportanzug mit einem Gewehre. Nicht einmal beim Umkehren erblickte ich sein
Gesicht, entweder wegen der gebeugten Kopfhaltung oder wegen dem Schatten
des Kappenschildes. Nach meinem Erwachen aus der Betäubung machte ich
meine Frau auf diese besondere Erscheinung aufmerksam. Am nächsten Tage
wiederholte sich die ganze Sache mit kürzerem Verlaufe. Am dritten Tage
wandte sich der Jägersmann mit vollem Gesichte mir zu und mit Erstaunen erkannte
ich ganz deutlich meinen Bruder Zdenko. Auffallend war seine teilweise
Dickleibigkeit im Gesichte und Gestalt und sein streng ernster Blick, der
bei ihm ungewohnt war. Die Vision war sehr kurz, noch kürzer als in den
ersten zwei Tagen. Dieser Vorfall wurde zum Gegenstande eines langen Gespräches
mit meiner Frau und meiner Schwägerin, welche meiner Frau zur
Jlilfe beim Pflegen gekommen war. Auch am nächsten Tage haben wir über
die Sache diskutiert. Natürlich weckte diese Erscheinung in uns allen und besonders
im Vater ein neues Interesse um den Bruder, welchen wir inmitten
der Mängel, Schwierigkeiten und Wirren des Krieges langsam vergessen haben.
Nach der Erklärung des Waffenstillstandes schrieb ich unverzüglich an die
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