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Sünner: Ergänzende Mitteilungen zu dem Spukfall in Charlotten bürg 157
fällen in neue Erregung geraten und zum Träger von seelischen Energien,
werden, die sieh in der Form eines Spuks sinnenfällig auswirken, entweder
durch das Herabfallen von Bildern, durch Pochen an die Türen usw. oder durch
das Erscheinen von Verstorbenen in ihrer gewöhnlichen Gestalt und Tracht
oder in dem zeitlosen Typ einer weißen, verschleierten Frau. - Fragt man
nun aber nach einer Erfahrungstatsache, von der diese „Vhnfrauen" und
„Weißen Frauen" und die in die Sagenwelt eingegangenen weißglänzenden
Göttergestalten ihren Ausgang nehmen konnten und von welcher der Glaube
an sie immer neue Nahrung bekommt, so daß er allem Wandel der Zeiten und
Anschauungsformen zum Trotze sich bis in unsere Zeit in seiner ursprünglichen
Frische zu erhalten vermochte, so kommt man auf keine andere Tatsache, als
auf das Häufchen Tüll", aus dem sich in Materialisationssitzungen die vveiß-
verschleierten Gestalten bilden, oder au£ den Nebel, aus dem sich in Spukhäusern
die selbstleuchtenden Phantome formen, oder auf die Lichtgebilde,
die uns als die ausgeschiedenen Fluidalkörper Lebender bezeichnet werden,
oder auf die in weißschimmerndem, zeillosem Gewände erscheinenden Symbol -
gestalten, die, wie wir gesehen haben, zuweilen von Sterbenden, zuweilen auch
von Verstorbenen ihren Ausgang nehmen, und der Ausdruck für irgendeinen
Wunsch, eine Sorge, einen Hang oder \ffekt sind, der sie noch so stark
beweg!, daß er sich nach der in unserem Traumleben waltenden Gesetzmäßigkeit
seinen symbolischen Vasdruck schafft und dessen ßildzeichen auf magischem
Wege vorübergehend realisiert. Wenn diese in der Hegel nur andeutenden, also
stark orakelhaften Bildzeichen, zuweilen den Eindruck eines ein tragisches
Schicksal, meist einen Todesfall, ankündenden Vorspuks erwecken, so darf das
nicht als Verwirklichung einei wachbewußten Absicht gedeutet werden - denn
sonst müßte die Ankündigung klarer sein -, sondern als die gesetzmäßige Folge
aus der häufig festzustellenden Tatsache, daß die Annäherung tragischer Schicksale
, vor allem des Tode«, als eine der häufigsten Ursachen der Auslösung und
Belebung eines latenten Spuks angesehen werden muß. Wir müssen annehmen,
daß die vom Körper gelockerte oder gelöste Psyche aus ihrer unmittelbaren
räum- und zeitlosen Sympathieverbundenheit zuweilen ein Wissen schöpft, da Ii
die noch latent in ihr vorhandenen speziellen sinnenweltlichen Wünsche, Soigen
und Affekte aufs neue anreizt und aktiviert, so daß sie in eine traumhaft
gestaltende Bewegung geraten, die das Bestreben hat, das unter- oder vorbewußt
empfangene Wissen bewußt zumachen."
Die hier wiedergegebene These llügs scheint mir von erheblicher Bedeutung
für die Entstehungsgeschichte so manchen Spukfalles und für die
seelischen Zusammenhänge der dabei mitwirkenden noch lebenden oder toten
Agenten zu sein Wenden wir uns nunmehr wieder dem Spuk fall in der
Tauroggener Straße in GharlOttenburg zu, so stellen v\ir fest, daß mir im Anschluß
an die erfolgte Veröffentlichung noch weitere Berichte zugegangen
sind, die ich bisher als ,,MalemK*iminlung" verwahrte, nunmehr jedoch nachstehend
mitteilen möchte. Bekanntlich ging die Kunde von diesen merkwürdigen
hiesigen Vorkommnissen durch die ganze deutsche Presse und zahlreiche
Leser in verschiedenen Teilen des Landes sahen sich auf den Bericht
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