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Zeitschrift für Parapsychologie. 4. Heft. (April 1932.)
kritischen Untersuchung zu unterwerfen, um aus dem Konglomerat von Legende,
Aberglauben, phantastischer Ausschmückung wie von bewußter und unbewußter
Täuschung einen Tatsachenkern herauszuschälen und damit das heule
noch herrschende Vorurteil gegenüber den Spukvorgängen zu bekämpfen.
\\ ährend sich in England u. a. die Society for Psychiral Research um die
Aufklärung dieses Problems durch Sammlung einwandfreien Materials bemüht
hat, zeigt die deutsche Bibliographie der letzten Jahrzehnte eine verhältnismäßig
spärliche Ausbeute auf diesem Gebiet.
Für das wissenschaftliche Studium kommen hauptsächlich folgende deutsche
Vrbeiten in Betracht:
Aksakow, ,,Vorläufer des Spiritismus" (Leipzig, Mutze, 1898). Vußer
f\3 nur skizzenhaft wiedergegebenen Feststellungen solcher Phänomene finden
sich darin zwei ausführliche Darstellungen. Die eine betrifft den Spuk im
Hause Schtschapoffs in Kjek (Rußland) und wird durch Mitteilung zahlreicher
Zeugenaussagen auf Co Seiten geschildert. Den weitaus interessantesten Teil
des Y\ erkes bildet jedoch die zweite Darstellung. Sie betrifft die in iler Wohnung
des Hauptmanns Sandat Schenkow i853 bis 1806 im russischen Großdorfe
Lipzy beobachteten Spukerseheinungen, die von dem Kriegsgericht in
Charkow nach Vernehmung von mehr als i5o Zeugen durch ein amtliches
Gutachten bestätigt wurden. Der Bericht dieser Zeugenaussagen umfaßt in
Aksakow Buch Seiten (!) und ist mit aller Genauigkeit aus den russischen
Originalen übersetzt. Es handelt sich dabei um mysteriöses Werfen von Steinen
und Bewegung aRer möglichen Gegenstände und mehrfaches Ausbrechen von
Feuer in der Wohnung des Hauptmanns, ohne daß menschliche Urheber hierbei
in Frage kommen konnten.
Die Spukerscheinungen unterscheiden sich in der Form ihres Auftretens
und in ihren Keußerungen wohl kaum irgendwie von der mediumislischen
Phänomenologie, wenn man auch bei ihnen, wie Bozzano ausführt, zwei große
Klassen, nämlich die subjektiven Erlebnisse ^halluzinatorischer, hellseherischer
und telepathischer ^Nahir;, von den objektiven Vorkommnissen (physikalische
Phänomene) unterscheiden kann, so wiederholen sich doch alle Spukvorgänge
ausnahmslos in irgend* iner Weise bei den Beobachtungen der Medien, nur
mit der Einschränkung, daß in einer großen Zahl von Spukerscheinungen sich
die Vermittlung einer lebenden Person nicht nachweisen läßt. Wo sich eine
solche findet, gelingt es nicht selten, den Spuk seines spontanen Charakters
zu entkleiden und ihn dann mit Hilfe der .betreffenden Mittelspersonen willkürlich
hervorzurufen. So ist z. B. aus solchen 'Spontanerscheinungen die ganze
spiritistische Bewegung hervorgegangen, wie der Verlauf der Phänomene in
H)desville (18^8) gelehrt hat. Vach künstlich hervorgerufene mediuniistisehe
Phänomene können spontan auftreten und den Charakter von Spuk annehmen.
Bei einer Reihe von Medien wurde man zuerst durch das Vuflreten von
Spukvorgängen, also durch Beobachtung spontaner physikalischer Erscheinungen
, auf ihre spezielle Begabung aufmerksam. Es muß deshalb eine Aufgabe
zukünftiger experimenteller Untersuchungen werden, die unwillkürlichen Manifestationen
womöglich in willkürlich hervorzurufende umzuwandeln, im ein-
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