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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0221
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Zeitschrift für Parapsyehologie. I. lieft. (Apri< 1932.)

erstattet (Seite l(>9 191), htsbesondei e «m Hand des hhiterlas-,eneii Tagebuches
der Frau Dr Riedel. Das egozentrische Veihalten der Hau Riedel, ihie manisch-
depressiv en 7ustande, ihre Ambiv alenz gegenüber dem Fhematm ist \on Dr. Kröner
mit überzeugender Finfuhlung zu einem Charakterbild zusammengeschlossen,
das ein Oren/fall einer Psvehose die Schlußfolgerung „S e l b s t m o r d"
außeist wahrscheinlich macht

Naturgemäß kann es hier nicht Aufgabe sein, das „für und Wider" der
ca. 40 Indizien, d.h. die angeblichen „Sehuktbew eise" im einzelnen zu eioitern,
die /. T. gan/ lacherlich sind (z. B. ob jemand nach einem Todesfall ,,; uf-
geiegt" oder „schweigsam*' ist) Lin Beweis für die Täterschaft odei für einen
(liftmordplan fehlt Man kann sich des rindrueks nicht erwehren, daß Voruntersuchung
, Anklage und Verurteilung auf eine Art gefühlsmäßiger Stellungnahme,
gerichtet von vornherein gegen die beiden Beschuldigten, zu erklaren ist, obwohl
es sich bestenfalls mit um eine Vermutung handelt. Insbesondere scheint der
Untersuehirngsiiehtei derart von der Idee des planmäßigen (iiftmoides \oieingenommen
gewesen zu sein, daß ei andere Möglichkeiten ganz in den Hinfer-
giund schob, und sogar wichtige Beweismittel objektiver Art nicht sicherstellt
wie z B. \ ingerttbdrüeke an der Arsenikflasche in der arztlichen Hausapotheke
l ast unglaublich ei scheint es, daß dieser Prozeß, der mit nach rein
sachlichen oder auch rein menschlichen (jesichtspunkten aufzuklaren war, einen
„staiken politischen l inschlag" gehabt habe (Seite 126); noch schlimmer ist das
sadistische Vei halten gegenüber den beiden Untersuchuitgsgefatigeuen (Seite 3i
bU 3o; z B. Voreuthaburig von Wasche, Seife, Heizung; Straflingskost u*w.).
Die Veifechter der Wiederaufnahme, Dr. Roth und Dr. Kroner, haben im Fntl-
eigebnis nicht etwa gefuhlsrn ißig, >oudcrn aus verstat desmaiWgen (inmden
luistti Sympathie. Um jede Beeinflussung dei Richtei in Bern nach dei einen odei
anderen Seite hin auch etwa zum Sch-iclen der beiden Verurteilten zu vermeiden,
habe ich persönlich von einer Veröffentlichung dieser kurzen Besprechung abgesehen
, so lange bis h*s stand, daß die Hauptvethaueihmg zwecks \>'it eleiauFiahme
stattfinden winde (was kuizhch geschehen ist) Ich muß es aber in diesem Zusammenhange
dun haus mißbilligen, daß eler unvermeidliche Heri Hellvv ig-Pots-
dam beieits im April 1929 einen eigenartig verklausulierten \ngrifi gegen
Dr Krönet wegen de* obigen Versuches mit Frau (mnther-Getfcrs veröffentlichte
(Juristische Wochenschrift Heft 15 vorn 2 3. I. 1929 S.990.)

Dt. Roth hat den telepathischen Versuch mit allen Votbehalten bei! mfig
ganz /um Schluß eivvahnt, im Sinne eines Ditlastuugsmomeutes, mit d'*m Hinweis
, daß et gerade als Verteidiger auf die verblüffende Schilderung der V<*r-
Miehspeison über den Hergang des Selbstmordes nicht ver/ichten n\ dürfen
meint« • im ttbiigen eiklirte er aber ausdrucklich, auf eine Austragung d°r whsen-
hch'fihehen Stieitftage ubei der. Wert der KiitniualteDpathic eben^ogern zu vet-
ziehten und das Vers ichsprotokoll als Kutiosität ausscheiden zu lassen (S Ii}).

In einem Anham (S. 195 210) btingt Dr. Kronei eine sehr lesenswerte
/usammAnstellung über dW Krimiualtelepatliie, rehlenjuellen, Versuchsanordnung
usw. mu! gibt eine diuchaus vorsichtige, zurückhaltende Aiulvse des Versuchs
(S. 212 - 228), und zwai auch nui im Sinne eines ,Jndiziuns oder Ver-
staikungsmoiiicutes" Von elet Stellungnahme des Verteidigers aus gesehen, ist
aber direkt die Hellwigsche Darstellung falsch, als ob mit Hilte der Kriminal-
telepathie die Wiedetaufnähme durchgesetzt werden sollte Nach verschiedenen
negaiivibdschen Angriffen und persönlichen Herabsetzungen schließt Herr Hcll-
wig seine Kritik mit den doppelsinnigen Worten: „e%s wäre iragiseh, \venn dei
Versuch, mit Hilfe der Kriminaitekpathie das Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen
, zur Folge haben wurde, daß gerade aus diesem Orunde der Antrag
einen Erfolg nicht hat/' Der Antrag hat nun trotzdem Ftiolg gehabt, es mag
die\s durchaus an den wesentlichen M uigeln des ersten Verfahrens liegen, da anscheinend
kein geschulter Psychologe oder Psvehoanatvtiker die UrteiMindung
erleichterte; auch die Möglichkeiten eines gewissermaßen natürlichen Todes,
z B jahtelange chronische Ar^nvergiftung oder akute Nierenentzündung, letz-
teie nach Professor Howald (S. 29), wurden offenbai nicht nachgeprüft, letzten
Indes hat die Tote ihr (leheimnis ins Grab mitgenommen. Den Parapoeho-
logen wird aber auch hier - wie sonst bei Analyse des Versuchs die Frage
in erstem Linie interessieren, ob uad welche Einzelheiten auf Hellsehen im engeren
Sinne oder auf Abweseuheitsteiepathie zu Lebenden (oder zu Toten?) hindeuten.

D r. W i n t e r b e r g.


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