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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1932.)
Pfarrer an den Generalvikar1) in M. und klagte ihm sein Elend. Allein dieser
Herr sprach ihm von Sinnestäuschung, Einbildung, Nervosität, Furcht und entließ
den armen Pfarrer mit nichtigen Trostsprüchen. Da aber von jetzt an das
Gepolter und die Erscheinungen immer häufiger wurden (früher zeigte sich
das Phantom 5—6 mal im Jahre, jetzt oft zweimal in der Woche), so suchte
unser Pfarrer den Generalvikar ein zweites Mal auf und erhielt die Erlaubnis
der Vornahme einer Benediktion. Sie war erfolglos. Jetzt kam der Geistliche
zur Vermutung, es könne vielleicht ein früherer Pfarrer sein, der noch büßen
müsse. Er zelebrierte für die Seelenruhe des Erscheinenden drei hl. Messen und
siehe da, es trat völlige und dauernde Ruhe ein. Der Spuk hatte nahezu zwölf
Jahre gedauert
Da in dem Bericht des Pfarrers verschiedene kirchliche Schutzmittel erwähnt
werden, von denen eines wirksam war, die anderen aber nicht, so möchte
ich, gleichzeitig einem Wunsch des Herausgebers dieser Zeitschrift nachkommend
, mich über die Stellung der katholischen Kirche zu diesem Problem aussprechen
. Die Kirche unterscheidet scharf zwischen Exorzismus und ßenediktion.
Auf Grund von Matthäus, Kap. io Vers 8 und Markus, Kap. 16 Vers 17 weiß
sich die Kirche durch ihren Stifter begabt mit der Gewalt gegen Dämonen.
Seit der kirchlichen Urzeit übte sie diese Gewalt stets und erteilte ihren Klerikern
eine eigene Weihe, die des Exorzistats. Ein geradezu klassisches Beispiel aus
neuerer Zeit über die Wirksamkeit des Exorzismus findet sich in dem Buch des
protestantischen Pfarrers Gerber: „Das Machtgebiet der Natur", Seite 227 ff.
Es ist der frisch und packend geschriebene Bericht eines katholischen Geistlichen
der Schweiz, den Oberst von Pfiffer seinem Freund Justinus Kerner
übermittelte. Der Exorzismus enthält den Befehl an den Dämon, Ruhe zu geben.
Daß das leichtgläubige und kritiklose Mittelalter den Exorzismus an gar manchen
Nervenkranken vornahm, die man für besessen hielt, ist der Theologie;
wohlbekannt. Anders verhält es sich mit solchen xVrten des Spuks, die man aus
bestimmten Gründen als Kundgebungen sog. armer Seelen ansehen kann. Diesen
gegenüber hat der Exorzismus keine Wirkung; denn gebietende Gewalt ist der
Kirche nur über die Dämonenwelt verliehen. Bei Beunruhigungen, die von
büßenden Seelen ausgehen, wird Benediktion und Gebet angewandt. Auch die
ßenediktion ist ein an Gott gerichtetes Gebet der Kirche, es möchte Ruhe eintreten
. Dieses Gebet wird aber ebenso wie rein private Gebete ohne Erhörung
bleiben, wenn mit Gottes Zulassung solche Seelen bei Lebenden Hilfe suchen
dürfen. Bleiben Benediktionen und Gebete fruchtlos, so empfiehlt die Kirche
die Zelebrierung von Seelenmessen. Es soll durch diese Messen die Kraft der
Erlösung Christi bestimmten Seelen in besonderer Weise zugewendet werden,
so daß ihre Bußezeit abgekürzt bzw. beendet wird. Und es weiß die Erfahrung.,
des katholischen Volkes in allen Ländern unzählige Fälle von der Wirksamkeit
des hl. Meßopfers zu berichten, so wie ja auch in der oben geschilderten Tatsache
eine sofortige erfreuliche Wirkung eintrat. Man kann geradezu sagen,
daß jener Geist immer ungestümer durch häufigeres Erscheinen in einem Bild.
«
*) Vertreter des Bischofs in Verwaltung der Diözese.
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