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v. Schrenck-Notzing f: Die Entwicklung des Okkultismus zur Parapsychologie. 221
Wenn Hellwig ferner bemerkt, daß auch die besten Sitzungsbericht«
notwendigerweise Fehler enthalten, die auf Beobachtungslücken zurückzuführen
sind, so kann man ihm darin beistimmen. Solche Mängel werden aber
kompensiert durch die gleichmäßige Wahrnehmung eines verhältnismäßig einfachen
Vorganges, wie es z. B. die Bewegung eines Taschentuches (25 cm unter
einer hängenden Rotlichtlampe) auf dem Tisch ist, einer Wahrnehmung, an
der gleichzeitig 8—io Teilnehmer mit 16—20 Augen beteiligt sind, ferner
durch die Wiederholung desselben Experimentes auf Wunsch mehrmals
hintereinander, so daß den Teilnehmern Gelegenheit geboten wird, beim
zweiten, dritten oder viertenmal die Aufmerksamkeit immer besser einzustellen
. Hierzu berücksichtige man, daß Willy seit Monaten während jeder
Sitzung in unwandelbarer Monotonie immer wieder dieselben (100fach festgestellten
) Telekinesen hervorbringt, so daß jenes erwähnte Taschentuchphänomen
immer wieder von neuen Teilnehmern konstatiert werden kann.
Somit ist jeder Teilnehmer in die Lage versetzt, den Vorgang so oft zu beobachten
, bis er in aller Ruhe sich darüber sein Urteil gebildet hat.
Unter solchen Umständen darf man wohl die Richtigkeit der gemeinsamen,
immer wieder von neuem bestätigten Sinneswahrnehmung mit einer an Gewißheit
grenzenden Wahrscheinlichkeit annehmen. Bei der seit Monaten durchgeführten
Gleichmäßigkeit der Versuchsanordnung ist ein solches Urteil viel
leichter zu fällen, da Störungen und Ablenkungen von der Wahrnehmung
nach Möglichkeit ausgeschaltet sind.
Ob wohl ein richterlicher Schuldspruch sich immer auf der Grundlage ähnlich
gewissenhaft gemachter Wahrnehmung aufbaut?
Die Anschauungen Hellwigs treffen also für die Experimente bei Willy
Schneider in keiner Weise zu. Sie würden vielleicht eine gewisse Berechtigung
besitzen, wenn die Versuchsperson selbst die Bedingungen vorschriebe und
Ueberraschungseffekte hervorriefe, wenn ferner die Beleuchtung des Wirkungsfeldes
zur Beobachtung ungenügend wäre. Das trifft aber in unserem Fall
nicht zu. Allerdings ist zuzugeben, daß seit Erscheinen des Werke® Experimente
der Fernbewegung" weitere erbebliche Fortschritte in der Versuchsmethodik
gemacht worden sind.
Gewiß, auch Berichte, die unmittelbar nach der Sitzung auf Grund stenographischer
Notizen während derselben niedergeschrieben sind, könnten kleinere
Fehler enthalten. Eine solche Möglichkeit besteht zweifellos. Aber bei einer
einmal feststehenden Versuchsanordnung, bei der mehrfachen Wiederholung
der Experimente und der Unkomplizierlheit des Vorganges, der auf einen
halben Meter Entfernung beobachtet werden kann, dürften Fehlerquellen dieser
Art kaum in Betracht kommen. Uebrigens hat Verfasser, um solche Einwendungen
auszuschließen, bereits seit länger als zwei Jahren das Protokolldiktat
während der Sitzung eingeführt. Die Sekretärin sitzt in einem anderen, abgeschlossenen
Teil des Zimmers bei Rotlicht und stenographiert djn Sitzungsverlauf
mit. Besondere Wahrnehmungen einzelner Anwesender werden ebenso
aufnotiert wie die gemeinschaftlichen Beobachtungen. Außerdem erhält ein bis
zwei Tage nach der Sitzung jeder Teilnehmer eine Kopie des Protokolls zur
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