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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1932.)
Zum Andenken an San.-Rat Dr. Franz Freudenberg (Bodenbaah).
1906 war's, bei einem Glase Geuze, als ich in Ixelles, einer Vorstadt Brüssels
, seine Bekanntschaft machte. Als in Bonn geboren, war er mein engerer
Landsmann und das einte uns schnell m der Fremde. Bald ergaben sich zahlreiche
Berührungspunkte: Paracelsus und Rob. Fludd, die Rosenkreuzer, später
Theosophie und Okkultismus, beschäftigten uns. In Freudenberg fand ich einen
hochgebildeten Mann, der mit klugem Blicke, stets über den Parteien siebend,
sich einen mittleren Weg gebahnt hatte, geeignet, ihn zu „allem" zu führen,,
ohne ihn in die Strudel des Parteigezänks zu ziehen. Der Okkultismus in allen
seinen Zweigen beschäftigte uns; wir studierten die Ansichten der Alchimisten
und stimmten darin überein, die Kunst, Gold zu machen, sei nur scheinbar ihr
Lebenszweck gewesen, mehr die Aufgabe nach Art der späteren Freimaurerei,
den Menschen zu bessern und auf eine höhere Stufe zu erheben. Natürlich vernachlässigten
wir nicht ihre Bestrebungen, die Universalpanazee aufzufinden,
das Leben zu gesunden und zu verlängern. Von der Alchimie, besser der Yatro-
chemie, zu Goethe war's nur ein kleiner Sprung und da war Freudenberg in
seinem Elemente. So wie er mit dem Herzen diesen seinen Abgott studiert
hatte, war rührend zu sehen. Nicht daß er mit Goethe-Zitaten umherwarf, sondern
durch leise hingeworfene Gedanken tiefstgefühlter Begeisterung gab er
Kunde von der Höhe seiner Auffassung und seiner Kongruenz mit dem Geiste
Weimars. Daß wir auch Fühlung mit Brüsseler okkulten Kreisen nahmen, war
die natürliche Folge seiner Begeisterung für das Stiefkind der Wissenschaft.
Freudenberg war der Aktive, der Schreiber dieses, der Bremsende. Freudenbergs
Stellung war eine mehr animistische. Er erkannte das Tatsächliche mancher
strittigen Beobachtung an, er suchte sie auf physikalischem und physiologischem
Wege zu erklären, manchem stand er noch unentschieden gegenüber, er wog
ab, wie es besser zu erklären und zu ergründen sei. Sein Brüsseler Aufenthalt
war durch mehrere größere Reisen unterbrochen, nach Chile, Peru, nach Spanien
und den Mittelmeerländern und später seine Weltreise, von der er in diesen
Blättern höchst bedeutende Berichte veröffentlichte — das Beste aber leider
noch immer zurückhaltend, um es möglichst ganz geklärt und abgerundet bieten
zu können. Der Weltkrieg brach aus, er mußte sein liebgewordenes Heim in
der Avenue Beiair fluchtartig verlassen. Sein Patriotismus litt es nicht, tatenlos
der Not des Vaterlandes zuzuschauen, er stellte sein reiches ärztliches Wissen
und Können in den Dienst des Heeres. Anfangs in Kassel, dann in Mehlern, wo
auch beinahe eine verräterische Kugel seinem Leben ein vorzeitiges Ende gemacht
hätte. Der Umsturz machte ihn trostlos. Schwarz blickte er in die Zu- .
kunft. Seine etwas angegriffene Gesundheit zu stärken, wollte er nach dem
Süden. Leider vergeblich, denn die Kriegspsychose der Feinde stellte sich dem
entgegen. Er fand seinen Ruhesitz in Böhmen, im Elbtale, im Bosegründel der
Stadt Bodenbach. Aber seine Forschungen auf unserem Gebiete ließen ihn nicht
ruhen. Sein Nachlaß wird manches Wichtige und Interessante bergea. Er starb
nach kurzem schweren Leiden im Alter von 80 Jahren am 20. März 1932.
Albert Hofmann (Mehlem).
* Angelo Marzorati. f.
Von Josef Peter, General a. D.
„Luce e Ombra" eine der bedeutendsten und instruktivsten Zeitschriften für
psychische Forschung, hat einen schweren Verlust erlitten. Angelo Marzorati, der
Gründer des Journales und seitdem (1900) Direktor derselben, ist gestorben. „Luce
e Ombra" widmet im November-Dezemberheft v. J. dem Andenken des Verstorbenen
38 Seiten. Diese Blätter mit Beiträgen hervorragender Gelehrter und Forscher
zeigen die hohe Wertschätzung und große Verehrung, welche man dem Geschiedenen
entgegenbrachte.
Angelo Marzorati war in jungen Jahren Dichter und Literat. Später interessierte
er sich für die Phänomene des Spiritismus. Marzorati begriff die enorme
Bedeutung derselben. An Weihnacht 1900 erschien das erste Heft von „Luce e
Ombra", und von da ab widmete der Verstorbene sein ganzes Leben der psychischen
Forschung.
Er begann sein Werk in einer schwierigen Zeit. Die psychische Forschung
war damals ein Gemisch von Positivismus und Spiritismus, vornehmlich im karde-
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