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am meisten in der Kirche und am Friedhof. Hinter dem alten Schloß, in einer
Art Ruine, einem Gebäude, mit einem Dach versehen und noch bewohnbar,
sollte die Frau wohnen. Aichelburg begab sich dorthin. Als er längs eines kleinen
Baches um die Schloßecke kam, sah er ein altes Weiblein, das ihm entgegenkam
, grüßte und sagte: „0 Grüß Gott! Der Herr ist von St. Andrä im
Lavanttal." Auf seine Antwort, sie werde sich täuschen, erwiderte sie: „Sie
haben ja gestern abend mit Ihrer Frau von mir gesprochen; kommen Sie nur
herein, ich weiß ja, was Sie wollen." Da die alte Frau unmöglich vom Kommen
Aichelburgs etwas wissen konnte, wunderte er sich sehr. Sie führte ihn in ihr
kellerartiges, dürftiges, aber reinliches Zimmerchen; sie selber beschreibt er
als zwischen 5o und 66 Jahren, um einen Kopf höher als der Tisch, völlig blind,
an Händen und Füßen ganz verkrüppelt, zu jeder Arbeit unfähig. Ihr Benehmen
zeigte einen gewissen Grad von Intelligenz, die Sprache berührte merkwürdig
angenehm. Sie bot dem Beamten beim Tisch einen Platz an und sagte:
„Sie haben einen Mord und wollen wissen, wer der Mörder ist. Den kann ich
Ihnen aber leider nicht sagen, der wird nie aufkommen, und wird in einigen
Jahren von Gott gerichtet werden.'* Dabei stand die Frau die ganze Zeit Aichelburg
gegenüber beim Tisch, ihm den Rücken kehrend. Sodann erzählte sie ihm
genau, wie sich der Mord zugetragen hatte. (Die Sektion hatte ergeben, daß
Leonhart durch einen Schlag auf den Kopf getötet worden war; dann war die
Leiche mit dem Kopf nach abwärts gedreht worden, wahrscheinlich, damit sie
besser ausblute. Man hatte gemutmaßt, daß Leonhart im Schlaf erschlagen
worden war.) Ferner schilderte sie vollständig genau die Lage des Tatortes,
sowie jene Verhältnisse, die zum Mord geführt hatten, gab an, wer verhaftet
sei, wer diese Personen waren — kurz alles mit größter Sicherheit und Bestimmtheit
, wie es der Beamte selber wußte. Wörtlich schreibt Aichelburg in
seinem Artikel: „Sie versicherte mir, daß die Verhafteten unschuldig sind,
jedoch <nner Kenntnis vom Mörder habe, dies aber niemals sagen werde, und
meinte, alle drei Verhafteten werden heute von Wolfsberg nach KJagenfurt
geliefert, wo sie in einem Monat freigehen werden. Ich werde diese in Unter-
drauburg treffen. Auf meine Frage, mit was die Tat verübt wurde, sagte sie,
mit einem solchen Werkzeug, das die Holzknechte zum Blochziehen verwenden.
(Das Mordwerkzeug war ein sogenannter Zapin gewesen.) Ich fragte: „Von
welchem Haus ist dieses Werkzeug?" — Worauf sie sagte: „Das darf ich Ihnen
nicht sagen." Ich fragte: „Und wo liegt dieses Werkzeug jetzt?" - Sie sagte:
„Im langen, tiefen Graben, wo sehr viele Steine sind, liegt es gut vergraben;
Sie werden suchen, es aber unmöglich finden." Auf die Frage, ob sie einmal
im Lavanttal war, meinte sie: „Mein Leben nie." Die Frage, ob jemand seit
einem halben Jahr von Pölling oder vom Lavanttal bei ihr war, verneinte sie
mit aller Bestimmtheit.

Sie beschrieb auch genau den Ermordeten, seine Lebensweise und seine Beziehungen
zum fraglichen Hause. Auf die Bitte, wenn sie schon alles so genau
wisse, doch wenigstens anzugeben, in welchem Hause der Umgebung der Täter
sich befinde, sagte sie fest und entschlossen: „Das kann ich nicht, den wird
Gott richten,"


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