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Wagner: Ein Mord und eine Hellseherin.

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Die Hellseherin machte dem Beamten auch genau stimmende .Angaben über
seine Familienverhältnisse, über seine Eltern und deren Krankheiten und Todesursachen
» z. B. die Angabe, daß der Vater Aichelburgs um i85o von einem
Kirschbaum gefallen sei, und daher stark xorgeneigt ging, was vollkommen der
Wahrheit entsprach. Sie bezeichnete ihre Fähigkeit als Gabe von Gott, um ihr
Leben, da sie nichts verdienen könne, zu fristen, und sagte: „Das kommt mir in
Bildern vor Augen und ich brauche nur das zu sagen, was die Bilder hringen."/

Am Schlüsse der zweistündigen Unterhaltung gab die Hellseherin noch eine
besondere Probe. Als Aichelburg sie fragte, was er schuldig sei, antwortete sie:
.»Wenn Sie mir die Krone geben, die Sie schon gestern abend für midhi bestimmt
haben, bin ich! zufrieden; wenn Sie mir auch gerne mehr geben würden,
so könnten Sie nicht heimfahren, denn Sie haben das genaue Geld mitgenommen
. Eine gute Jause werden Sie unterwegs gratis bekommen." - Auch dieser
letztere Umstand traf ein: der Beamte wurde beim Postenkommandanten des
Orts freundlich bewirtet.

Während der Heimfahrt traf Aichelburg tatsächlich die Eskorte mit den
Untersuchungsgefangenen in Unterdrauburg, auf der Fahrt zum Landesgericht
in Klagenfurt begriffen. Tatsachlich worden die drei nach einem Monat enthaftet
. Die Untersuchung war wegen Mangel an Beweisen eingestellt worden.
Und eine weitere Tatsache ist, daß trotz, sorgfältigen Suchens das Mordwerkzeug
vom Gendarmen nicht aufgefunden werden konnte.

Der Fall fand eine teilweise Aufklärung, wie es die Seherin mit den Worten
: „Gott wird richten —" angedeutet hatte. Im Jahre 19*7, an das genaue
Datum konnte sich Aichelburg nicht mehr entsinnen, wurde ein alter kranker
Mann in Pölling, der dem Tode nahe war, mit den Sterbesakramenten versehen.
Der Priester war bereits unteiwegs, da fragte der Sohn des Sterbenden: „Vater
— wirst du das auch sagen, nämlich beichten?" — Der Kranke bejahte — und
der Sohn ging in den Stall, holte einen Jochriemen und erhängte sich an einem
Obstbaum hinter dem Stadel, gerade als der Priester ankam. Wahrscheinlich
hatte der Sohn dem Vater schon früher seine Uebeltat eingestanden und fürchtete
nun Entdeckung derselben.

Aichelburg fügt bei, daß er bei dem Versehgang und dem Selbstmord nicht
persönlich anwesend war, daß ihm aber diese Vorgänge vom Nachbar, einem
angesehenen Manne und Ziehsohn jenes Bürgermeisters, der ihm seinerzeit den
Mord angezeigt hatte, berichtet worden seien. Auch der damalige Vorgesetzte
Aichelburgs, Franz Frisch, Bezirkswachtmeister, hat ihm bei einer Bereisung
diese Vorkommnisse erzählt. Auch persönlich hat er darüber Erkundigungen
-geholt.

Hier ist ein Fall von Hellsehen bis in die kleinsten Einzelheiten genau. Ein
Hellsehen, bei dem die Seherin persönlich in keiner Weise von den Vorgängen
berührt war, und somit jedes effektive Interesse wegfällt. Gewiß ein beachtenswerter
Fall!


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