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Ludwig: Magische Wirkung Lebender.
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hinauf zuklimmen, diu das Dach stützten. Ich hob meinen Revolver und brüllte:
„Huzu!" (Halt!) Das Geschöpf achtete gar nicht darauf. Darauf schoß ich
zweimal hintereinander auf nahe Entfernung und erwartete natürlich, den Körper
herunterfallen zu sehen. Aber nichts dergleichen geschah. Das Wesen kletterte
ruhig weiter, erreichte die Dachsparren und zog den Strick zu sich herauf.
Dies alles erfolgte absolut geräuschlos. Da wußte ich wenigstens, daß es sich
nicht um einen Menschen handeln konnte, denn meine Schüsse waren hindurchgedrungen
und es blieb unversehrt, kein Tropfen Blut fiel auf den Boden.
Ich floh. Dann schrie ich aus Leibeskräften. Das verursachte einen allgemeinen
Aufruhr. Es gab viel Geschrei; Fackeln und Sturmlaternen wurden
hastig angezündet. Vergebens durchforschten wir jeden Winkel, wobei mir auffiel
, daß sich der Geruch nicht mehr bemerkbar machte. Nicht die geringste
Spur wurde gefunden, und die Luft war so rein und frisch wie nur je."
Soweit der Bericht. Wenn man die kühle Art des Buches, die Kaltblütigkeit
des Kommissars in Augenblicken der Gefahr und seine klare Rationalität
bedenkt, wird der Ernst einer solchen Episode deutlich. Es ist dem Verfasser
noch gelungen, wichtiges Material zur Geschichte des Rasthauses in Erfahrung
/u bringen, und dies gipfelte in der Feststellung, daß an dieser Stelle ursprünglich
ein Opfsrplatz des Ju-Ju bestanden hatte. Die Engländer hatten zur Aus-
lottung des „Aberglaubens" den heiligen Hain vernichten lassen, wobei sie den
alten Oberpriester zur Mithilfe gezwungen hatten. Am gleichen Abend aber
belegte dieser mit Zauberformeln den Platz mit dem Bann, kletterte über da»
Dach und erhängte sich mit einem Tauende. - Diese Schilderung deckte sich
mit dem. was der Kommissar von dei nächtlichen Erscheinung gesehen hatte.
Der Verfasser schließt den unerhört interessanten Bericht mit der Bemerkung,
daß die Tatsache ihm einiges m denken gegeben hat.
Magische Wirkungen Lebender.
Von Geh.-Rat J)r. Ludwig, Freising.
Die Tatsache, daß von medialen Personen zuweilen Spukwirkungen ausgehen
, steht so fest, ist unzählige Male in der parapsychischen Literatur bestens
bezeugt, daß sie keiner weiteren Beweise bedarf. Wenn ich den folgenden Fall
veröffentliche, so geschieht es wegen der besonderen Autorität des Zeugen. E*
war noch während des Weltkrieges (1917;» als sich ein süddeutscher Universität*
Professor, Mitglied einer philosophischen Fakultät, sowohl au meinen damaligen
Kollegen Staudenmair (Verfasser des bekannten Werkes ,.Die Magie als
experimentelle Naturwissenschaft*4), sowie an mich brieflich wandte, um uns
den Berichl \on übernormalen Vorgängen, die sich in seinem Elternhaus ereigne!
hatten, vorzulegen, und un«er Urteil darüber zu hören. Da Professor N. seit
/wei Jahren als Landsturmmann eingezogen und auf der Post über wachungs-
stelle tätig war, so verfügte er über wenig freie Zeit, weshalb er bei seinem Bericht
zunächst auf analoge Fjälle in Pertys „Mystischen Erscheinungen" (1. Aufl.)
hinwies, um schließlich etwas ausführlicher besonders staunenswerte Ereignisse
/u schildern. Der Spuk war geknüpft an das Dienstmädchen im elterlichen Haus
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