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Zeitschrift für Parapsychdogie. 7. Heft (Juli 1932.)
durch die Pseudo-Entlarvung des Mediums Rudi Schneider in der Wiener
Oeffentlichkeit hervorgerufene Skandal. (Vgl. v. Schrenck-Notzing: „Die angebliche
Entlarvung des Mediums Rudi Schneider in Wien", Psych. Studien,
Märzheft 1924; ferner von demselben Autor: „Der Mediumismus im Abbau",
Neue Züricher Zeitung vom 24. Mai 1925; endlich Erwin Rein hold: „Entlarvung
und kein Ende", Psych. Studien, Aprilheft 1924.)
Dieser bedauerliche Vorfall entwickelte sich folgendermaßen:
Zu den von dem Geschäftsokkultisten Czernin-Dirkenau in Wien 1924 zum
Zwecke der Gründung eines parapsychologischen Forschungsinstituts mit dem
15jährigen Bruder Rudi des damals unter Leitung des Dr. Holub (Oberarzt
der Irrenanstalt am Steinhof) arbeitenden Willy Schneider veranstalteten Experi-
mentalsitzungen wurden vielfach außer dem sonstigen Laienpublikum Journalisten
zugezogen, die trotz ungenügenden Wissens eine größere Zahl von Berichten
in der Wiener Tagespresse zum Zwecke der Stimmungsmache erscheinen
ließen und die „Wunder" des jungen Schneider zum Tagesgespräch machten,
obwohl die Bedingungen, unter denen Czernin mit seinen Genossen operierte,
keineswegs als wissenschaftlich zwingend anzusehen sind. Die besonders auch
durch die oben erwähnten Betrugsfälle aufgestachelte Gegenströmung blieb nicht
aus und erzeugte heftige Angriffe, so z. B. durch den Psychoanalytiker Dr. Fritz
Wittels und Dr. FriedrichAdler in der „Stunde" und in der „Arbeiterzeitung
" sowie anderer Federbeflissener.
Die von diesen Gegnern beliebte Tonart ist zu charakteristisch, um hier
übergangen werden zu können.
So waren in ihren Artikeln an der Tagesordnung folgende Ausdrücke:
„Freiherrlicher Wundermann", „Lasterhöhlen des Geistes", „Protektion
der Verblödung", „Gerissene Bauernburschen" (womit Angehörige der Familie
Schneider gemeint sind), ferner „Geistige Bauernfänger", „Ehrgeizhnge",
„Schmöker und Gschaftlhuber", „Schwindelheim" (ist gleich okkultistisches
Laboratorium!), „Bauernlackl", „Bauerntrampel", ,,Bauernschwindel", „die
Großkopfeten", „Wichtigtuer und Geheimdeuter", „Bekenntnisse eines Düpierten
" usw.
Diese Schimpforgie erhielt neue Nahrung durch den bekanntgewordenen
angeblichen Nachweis zweier Professoren der Physik, nämlich des Dr. Carl
Przibram und des Dr. Stefan Meyer, daß die Phänomene des i5jähri-
gen Schneider auf verschiedene Kniffe und Tricks zurückzuführen seien.
Professor Meyer hatte nämlich vor einem Kreis geladener Gäste in seiner
Privatwohnung eine Vorführung der nachgeahmten Phänomene Rudi Schneiders
veranstaltet mit dem Anschein der Echtheit. In Wirklichkeit verwendete der als
Medium funktionierende Professor Przibram zum Hervorbringen von Tele-
kinesen einen Helfershelfer und hielt sich auch sonst keineswegs an die Versuchsbedingungen
der Schneiderschen Sitzungen, so daß diese ganze Demonstration
nichts anderes darstellt als eine Komödie zur Unterhaltung der Gäste.
Aber die sensationslustigen Tagesblätter waren sofort mit ihrem Urteil fertig,
das durch die europäische Presse ging. Seitdem galt Rudi Schneider als entlarvtes
Medium und konnte sich von diesem ihm durch den leichtfertigen
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