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Tischner: Bemerkungen zum Fred Marion-Prozeß
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Tricks entweder erklärt werden oder man könnte sie auch auf sich beruhen
lassen. In letztere^ Falle hätten diese Vorführungen denselben Heiz wie die
Vorführungen eines Taschenspielers, im ersteren könnten sie zur Aufklärung
des Laien dienen und insofern von einem gewissen Wert sein, indem sie als
gutes Heilmittel gegen die Kritiklosigkeit dienen könnten.
Drittens könnten die Vorführungen sich so geben, als ob es echte Phänomene
seien; nachher könnte dann die Aufklärung erfolgen, die entweder nur
in der Erklärung bestehen könnte, die Versuche beruhten alle auf Trick oder
es könnte auch ausführliche Erklärung jedes einzelnen Versuches erfolgen.
Eine vierte Möglichkeit ist die, daß der Vorführer es völlig im unklaren
läßt, ob er echte oder unechte Erscheinungen bietet und auch nachher keine
Aufklärung gibt. Diese Art der Vorführung würde das geringste sachliche Interesse
darbieten. — Was aber soll eine Darbietung, die behauptet, echt Phänomene
zu bieten, in Wirklichkeit aber auf Täuschung beruht oder wenigstens den Beweis
der Echtheit nicht erbringt?
Was die Frage angeht, welcher dieser Typen in der Wirklichkeit vorkommt,
so ist mir kein Hellseher bekannt, der mit Sicherheit viele Abende im Jahre
in öffentlichen Schaustellungen ausschließlich echte telepathische und hellseherische
Experimente vorführen könnte. Das Publikum will gelungene
Versuche sehen und würde sehr unzufrieden sein, wenn ein großer Teil oder
gar alle Versuche mißlingen würden. Der Telepath wäre also einfach gezwungen
, wenn seine Fähigkeiten versagen, mitunter also bei vielen oder gar
allen Versuchen mit Tricks und Helfershelfern zu arbeiten. Er würde also,
falls seine Fähigkeiten eines Abends oder dauernd versagen sollten, zum reinen
Betrüger werden, falls er sein einträgliches Gewerbe nicht aufgeben will. Bei
der Unübersichtlichkeit der versuchsbedingungen im Konzertsaal wäre man
auch beim besten Hellseher in Wirklichkeit bei keinem Versuche sicher, ob er
auf echten Fähigkeiten beruht oder nur Ersatz bietet, da es unseres Wissiens
keinen idealen Hellseher mit 100 prozentigen Treffern gibt.
Die zweite Möglichkeit gleich am Anfang zu gestehen, daß alles auf Trick
beruht, ist für derartige Vorführungen weniger geeignet, da mit diesem Zugeständnis
der Reiz solcher Darbietungen vielfach für das große Publikum verschwindet
, einerlei, ob nachher die Erklärung gegeben wird oder nicht. Viele
der Versuche würden überhaupt unter diesen Bedingungen kaum möglich sein
und gar nicht gelingen, da sie von vornherein eine gläubige Einstellung verlangen
. Manche der kurz nach dem Kriege auftretenden „Telepathen" pflegten
schon in der Einleitung zu sagen, daß ihre Versuche — es handelte sich fast
immer um Suchen versteckter Dinge — nicht mittels Telepathie zu erklären
seien, sondern mittels Muskellesen, wie z. B. ein gewisser Paulsen.
Der dritte Typ der nachherigen Aufklärung angeblich echter Erscheinungen
wird hauptsächlich durch den Dresdener Gubisch vertreten, und dieses
Verfahren ist offenbar in vieler Hinsicht das lehrreichste und im Grunde auch
durchaus ehrlich, obwohl merkwürdigerweise gerade auch in letzterer Hinsicht
Vorwürfe erhoben worden sind. Mag Gubisch auch in bezug auf die echten
metapsychischen Erscheinungen zu skeptisch sein -- wenn er auch klugerweise
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