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Wagner: Der sprechende Spuk.

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waren manchmal so stark, daß der Mörtel von der Wand fiel und ein kleiner
Krug am Fensterbrett umstürzte. Manchmal war es auch, als ob ein Hund
trappen oder eine Kette herumgeschleift werden würde. Auch merkwürdige
Sägelaute hörte man in der Mauerecke beim rechten Bett, scharf und gerade
geführt, zuerst vertikal, dann horizontal. —

So kam der Nachmittag des 5. Februar heran. Frau Marie L.-M. hatte sich
bisher, trotz ihrer guten Bekanntschaft mit Familie E. geweigert, sich im
Haus einzufinden, wie es so viele Leute taten, um den Spuk zu beobachten.
Sie sagte sich: was geht es mich an? — Nachmittags am Feld arbeitend, spürte
sie plötzlich eine sonderbare Eingebung, heute abend zu E. zu gehen. Sie tat
dies auch, und beschloß, Berta einen geweihten Rosenkranz mitzubringen und
sie aufzufordern, den bekannten Spruch zu sagen: „Ich und du und alle guten
Geister loben den Herrn, was ist dein Begehrn?" Sie hörte nun mit den
andern die verschiedenen Laute; Berta saß mit ihrem Kindchen angekleidet
auf dem Bett rechts, ihr Bruder Franz neben ihr. Auf einmal sagte die Kleine
laut und verwundert: „Ah!" und deutete beim Fenster hinaus. Da sahen alle
ein Licht auf der Schloßmauer sitzen; es war wie eine Glühlampe, hatte Strahlen
und war von einer dunklen Wolke umgeben. Auch Franz sah das Licht;
er fürchtete sich gar nicht. Das Licht kam näher — nicht hüpfend, nicht
schnellend, sondern so, wie wenn ein Mensch, der langsam geht, eine Lampe
trägt. Es stieg auf den Zaun, dann auf die Spitze des Ziehbrunnens, dann auf
die Röhre, dann auf die Ziehstange, dann auf das Becken, dann kam es zum
Fenster zwischen den Betten, und endlich zum Fenster beim Bett, wo Franz
und Berta waren

Frau Marie L.-M. hielt nun den Augenblick für gekommen, ihren Spruch
zu sagen; sie gab Berta den Rosenkranz in die Hand, diese fürchtete sich aber
derart, daß sie ganz starr wurde und nicht reden konnte. In der Stube waren
eine Menge Leute, die sahen durch die offene Kammertüre alles mit an. Das
Licht war inzwischen zu einer hufeisenförmigen Gloriole geworden. Auf einmal
zischte es — und in dem hellen Schein stand, bis zur Mitte des Leibes
sichtbar, der Onkel Josef P., wie er leibte und lebte, so, wie er im Sarg gelegen
hatte. Der kleine Franz hat ihn später nach einer Photographie gleich als
die Erscheinung agnosziert. ...

Alle waren starr vor Staunen. Frau Marie sagte den Spruch. Ueber die
Wangen der Erscheinung rannen Tränen; und dann hörten alle, wie sie halblaut
, doch vollkommen deutlich sprach: „Erlöse mich ... zehn — Mes—sen —
(etwas abgebrochen) ff — ff — von euch allen

Dann breitete sich das Licht wieder aus, wie eine Wolke — und alles verschwand
. — Die Anwesenden waren sehr erschüttert und beteten. Es wurde
dann ganz ruhig; nur als Frau E., als alle weggegangen waren, sich ins Bett
legte, sah sie am Fußbrett ihres Bettes (das Unke in der Kammer) drei Lichter
stehen, die aber bald verschwanden. —

Das war das Ende des Spuks; nur trug sich noch etwas zu, von dem man
nicht weiß, ob es dazugehört oder nicht. Als am 6. Februar in der Früh eine
Frau aus einem Nachbardorf In die Kirche nach Peuerbach ging, sah sie, als


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