Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0409
362

Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. (August 1932.)

zeigt der Vorfall die Entstehung von Träumen aus den Vorgängen des täglichen
Lebens. Ohne die zwei Träume wäre die kleine Episode schon nach wenigen»
Tagen meinem Oedächtnisse vollständig entschwunden gewesen. Aber die
Träume beweisen eben, daß der Vorgang nicht nur mit dem Oesichtssinne
aufgenommen, sondern daß der Denkapparat des Gehirnes ihn sich angeeignet
hatte, wenn er ihn auch aus dem Oberbewußtsein verdrängt hatte. Letzteres
erkläre ich aus „Bequemlichkeitsgründen" oder, um sich Unangenehmes zu ersparen
. So habe ich oft genug behauptet, daß wir einem krüppelhaften Bettler
weniger deshalb ein Almosen geben, weil wir ihm helfen wollen — dieses Motiv
machen wir uns selbst nur vor —, sondern deshalb, weil wir uns von seinem,
uns peinlichen, Anblick „loskaufen" wollen. (Vielleicht aus einem Schuldgefühl
heraus, besser gesagt aus einem sozialen Gefühle, weil die ganze menschliche
Gesellschaft sich an dem Unglücke eines Einzelnen mitschuldig fühlen sollte.)

Und das Wesentliche für die Entstehung der beiden Träume war dier
tiefe Eindruck, den der Vorfall auf die Hirnrinde — unbewußt dem Träger desi
Gehirns — runengleich einprägte. Dieser — ganz buchstäblich-wörtlich genommene
— Eindruck war so stark, so tief einschneidend auf die Molekularmassen
der Hirnzellen, daß, obwohl das Oberbewußtsein nichts von dem Vorgange
wissen wollte, dennoch das Unterbewußtsein sich nicht nur mit der Wiedergabe
des empfangenen Eindruckes durch einen Traum begnügte, sondern
einen zweiten hervorzaubern mußte, um der Erregung der an der betreffenden
Stelle des Gehirns befindlichen Moleküle Herr zu werden, um diese Erregung
zu bemeistern, sie zum normalen Gleichgewicht wiederherzustellen.

Oder anders ausgedrückt: es unterlag in diesem Falle der Verstand, der
sich bemüht, nackt und nüchtern zu denken, gegenüber dem Gefühle, dessen
Herrschaft dominierte und den Ausgleich schuf. Als Mittel hierzu wurden die
zwei Träume gewählt, gleich in ihrer Tendenz, nur wenig verschieden in ihrem
Milieu.

Das Ganze wurde allerdings begünstigt durch meine individuelle Sensibilität,
welche in diesem Falle weicher war, als diejenige der mitanwesenden Damen.

Spuk in einem Neubau.

Im Jahre 1867 wurde die oberösterreichische Landesirrenanstalt Niedernhart
bei Linz an der Donau eröffnet. In einem großen Park steht das zweistöckige
Beamtenwohnhaus, an welches sich rechtwinklig die Abteilungen der Kranken
anschließen. Sie umgeben einen großen Hof, der parallel zum Beamtenhaus
von der Kirche und den Wirtschaftsgebäuden begrenzt wird. Hinter diesen Gebäuden
ist dann ein zweiter Hof, der Jahrzehnte später von weiteren Baulichkeiten
der Anstalt umgeben wurde.

Als die Anstalt im Rohbau fertig war, zog der Direktor derselben, Landesrechnungsrat
Carl Bergthaller, mit seiner Familie hinaus, um die weitere Einrichtung
der Anstalt zu überwachen und zu leiten. Seine Wohnung im zweiten
Stock des Beamtenwohnhauses war die einzig Fertige. Alles andere hatte noch
keine Boden, unangestrichene Türen und Fenster, die teilweise noch mit Brettern
verschlagen waren. Die Verpflegung der beim Bau beschäftigten Arbeiter
besorgte ein Kantinenwirt, der in einer Baracke hinter den Wirtschaftsgebäuden
häfüste. Auch dort war alles nur notdürftig instand gesetzt.

Die Familie meines Großvaters Bergthaller bestand außer ihm und seiner
Frau aus dem zwanzigjährigen Sohn, einem jungen Landesbeamten, namens Carlf
und der neunzehnjährigen Tochter Anna, meiner späteren Mutter. Diese wurde
eines Abends, als die Familie ein paar Wochen draußen wohnte, um den Most
zum Abendessen zum Kantinenwirt geschickt. Sie ging durch die unbewohnten Gänge
der Abteilungen zum rückwärtigen Hof. In der Hand trug sie den Krug und eine
Kerze. Diese wurde ihr mitten in dem breiten Gang plötzlich ausgeblasen. Meine
Mutter, ein sehr resolutes Mädchen, zündete das Licht wieder an, holte den Most
und ging dann denselben Weg wieder zurück; an der betreffenden Stelle wurde
das Licht wieder ausgeblasen. Man dachte zuerst an einen schlechten Scherz —
aber der Vorfall wiederholte sich noch etliche Male. Die Gänge waren gut abgesperrt
und mit Doppeltüren versehen; keiner von den Arbeitsleuten wohnte
damals in der Anstalt. Später erst wurde geredet, daß sich beim Ausheben der
Fundamente kleine Lichter (wie die Leute sagen „Irrlichter") gezeigt haben.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0409