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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. (August 1932.)
spiritistisches Schauspiel „Die Spiritisten" — ließ er sich später durch seine Experimente
mit verschiedenen Medien von der Realität der Phänomene überzeugen
, beging aber den Fehler, zu sehr in das Fahrwasser des Offenbarungsspiritismus
zu geraten (vgl. sein Werk; Das dritte Testament, eine Offenbarung
Gottes, seiner Zeit mitgeteilt von H. v. 0.) und erlebte denn auch in dieser Richtung
die bittersten Enttäuschungen. Einige der bemerkenswertesten Stellen
aus von Qumppenbergs Lebenserinnerungen seien deu Lesern dieser Zeitschrift
mitgeteilt.
S. 143: „Die mancherlei Berichte von Augenzeugen über rätselhafte Erscheinungen
aus allen Jahrzehnten des IQ. Jahrhunderts machten bei der schlichten Realistik
ihrer Einzelschiiderungen den Eindruck der Wahrhaftigkeit, wollte man ihnen aber
Glauben schenken, so schien die große Mehrzahl von ihnen nur in der Annahme
der persönlichen Fortexistenz oder wenigstens eines begrenzten Weiterwirkens
über den Tod hinaus eine zureichende Erklärung finden zu können. Auch hatte
es mir immerhin zu denken gegeben, daß ein so durchaus nüchterner Mann, wie
du Prel, auch von den extremsten, durch Selbsttäuschung nicht mehr erklärbaren
Phänomenen des Mediumismus, von der mystischen Aufhebung der Schwerkraft,
der abnormen Durchdringung fester Körper, den „Blumenapporten" und
„Materialisationen" als von ausgemachten Tatsachen spräche. Da andererseits
meine persönliche Skepsis und mein Trieb zur „entlarvenden" Aufklärung noch
kräftigst fortdauerte, steigerte sich - wie immer, wenn ein elementares Problem
mich herausforderte — meine innere Unruhe bis ins Unerträgliche, so daß ich
mich endlich entschloß, die Freundin meiner Schwester um eine Tischsitzung
unter vier Augen zu bitten; auf diese Art, unter Ausschluß verdächtiger und
störender Personen, hoffte ich, die „Geister" gründlich beobachten und den
ganzen Zauber auf irgendwelche banal-„natürliche" Weise entdecken zu können.
Ich traf sie am späten Nachmittag zu Hause. Durch meine Schwester schon gut
mit ihr bekannt, erklärte sie sich sogleich bereit, mir ihre mediumistischen Fähigkeiten
zu zeigen, zumal ich nur wie ein Wißbegieriger mit ihr sprach und ihr
von meinen Aufklärungshoffnungen nichts merken ließ. Das von mir unbedingt
gewünschte Alleinsein mit ihr stieß auf einige Schwierigkeiten; ihre Vermieterin
wußte zwar, daß zwischen uns kein verliebtes Techtelmechtel zu befürchten war,
aber sie war gewöhnt, in ihrem Machtbereich die Vorschriften der Sitte aufs
strengste beobachten zu lassen, auch verdammte sie als fromme Katholikin die
spiritistischen Experimente und mochte bei dem Ausschluß von Zeugen besonders
schlimme Teufeleien erwarten. Auf mein Zureden gab sie aber endlich nach
und ließ uns allein. Das beliebte runde, dreibeinige Holztisehchen war augenblicklich
nicht in der Wohnung vertreten, aber Fräulein C. erklärte, ein größerer
rechteckiger und vierbeiniger Tisch, der in ihrer Stube stand, könne de*n Zwecke
ebensogut dienen. Ich untersuchte diesen Tisch genau; es war gar nichts Verdächtiges
an ihm zu entdecken. C. setzte sich daran und legte beide Hände flach
auf die Tischplatte, so daß die Daumenspitzen sich berührten, während ich, zu
peinlichster Beobachtung entschlossen auf einem in unmittelbarer Nähe stehenden
Stuhl Platz nahm. Bald ertönte ein eigentümliches Knistern und Knacken,
das aus dem Holz des Tisches zu kommen schien, und dieser geriet erst in
zitternde, dann in allerlei schwankende, drehende und stoßende Bewegungen, die,
w*fe ich mir sagen mußte, weder durch willkürliche noch auch durch unwillkürliche
Muskelanstrengungen oder Druckeinwirkung seitens des regungslos verharrenden
Mädchens zu erklären waren. Die Bewegungen des hölzernen Vier^
füßlers steigerten sich schnell zu größter Heftigkeit und Ausgelassenheit. Und
C. erklärte mir, daß sie daran ihren persönlichen Schutzgeist erkenne, der sich
Rego nenne und sich immer so wild gebärde. Kaum hatte sie das gesagt, als
der ziemlich schwere Tisch auf der ihr zugewandten Schmalseite emporschnellte
und sie wie ein freudig hochspringender Hund mit den beiden erhobenen Füßen
umhalste. Ich sah deutlichst, wie C. auf diese plötzliche „Zärtlichkeit" ihres
„Schutzgeistes" durchaus nicht gefaßt, vielmehr durch sie erschrak und in Verlegenheit
versetzt war, zugleich aber lag nun auch physikalisch klar zutage,
daß die Bewegung des Tisches nicht durch willkürlichen oder unbewußten Druck
der Hände herbeigeführt sein konnte; denn in diesem Fall konnte sich der Tisch
nur auf der entgegengesetzten Seite heben. C. sprach nun ihrem „Schutzgeist" in
der drolligen Weise zu, sich doch manierlich zu betragen und die zwei Tischbeine
wieder herabzulassen; ihre letztere Mahnung hatte auch schließlich Erfolg, doch
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