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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft (August 1932.)
mußte ich meine Frage nach dem Alter eines Geistes nachträglich albern schelten.
In meiner Beschämtheit suchte ich aber den Lapsus wenigstens vor C. zu vertuschen
. „Natürlich bist du als Geist ewig — aber du warst doch einmal menschlich
verkörpert, wie Rego?" Der Tisch bejahte. „Wann hast du gelebt? Nach
Christus?" „Ja." „Zähle, bitte, die Jahrhunderte!" Der Tisch klopfte siebzehnmal
. „Also im siebzehnten Jahrhundert?" „Ja." „Welches Alter hast du da erreicht
?" Der Tisch klopfte achtzehnmal. „Nur achtzehn Jahre?" „Ja." „Warst
du verheiratet?" Der Tisch verneinte. „Bist du an einer Krankheit gestorben?"
Der Tisch bejahte. „An welcher Krankheit?" Der Tisch buchstabierte das Wort
„Fieber". „Warst du längere Zeit krank?" „Nein." „Zähle, bitte die Tage!"
Der Tisch klopfte dreimal. „Weißt du deinen irdischen Familiennamen noch?"
Der Tisch verneinte. „Weißt du noch, welchen Beruf dein Vater "hatte?" Der
Tisch buchstabierte „Gottdiner". — „Gottdiener? Du meinst wohl Priester?"
Der Tisch bejahte. Diese ungewöhnliche, seltsam altertümlich und fremdartig
anmutende Bezeichnung „Gottdiner", die von dem Unterbewußtsein des Mediums
nicht zu erwarten war, fügte den Beobachtungen, die schon während des Vorigen
meine Skepsis mehr und mehr entkräftet hatten, ein gewichtiges neues Symptom
hinzu.
„War dein Vater mit deiner Mutter verheiratet?" Der Tisch bejahte. „Dein
Vater war also wohl protestantischer Geistlicher?" frug ich weiter. Der
Tisch verneinte. „Gehörte dein Vater einem andern christlichen Bekenntnis an?"
Der Tisch blieb regungslos. Ich war einigermaßen befremdet. ,,Wo habt ihr
gelebt, »Geben' — weißt du das noch?" Der Tisch buchstabierte zögernd, wie
nach einigem Besinnen, das Wort „Morgenland". Ach so! Nun war ja das Rätsel
gelöst."--
Hiermit sei die Unterhaltung zwischen von Gumppenberg und „Geben" abgebrochen
, v. G. ließ sich nun während einer längeren Reihe von Sitzungen sein
metaphysisches Weltbild vervollständigen und brachte es nach „Gebens" Angaben
zu Papier, Das Fiasko aber, welches v. G. mit der auf direktes Verlangen „Gebens"
vorgenommenen Veröffentlichung des „Dritten Testaments" und mit einem
öffentlichen Vortrag hierüber erlebte, war so niederschmetternd, daß die „hochgestimmte
Anspannung", in der er sich befunden hatte, „einer um so stärkeren
Mut- und Trostlosigkeit Platz machte". In dieser Verfassung bat er ein anderes
Medium, eine Frau M., um eine Sitzung, in der sich wiederum „Geben" mit
charakteristischer Bewegung meldete. „Und nun4" berichtet v. G. weiter, „erhielt
ich zu meinem Entsetzen die Eröffnung geklopft, daß sie während der ganzen
letzten Zeit ,zu schwach sei', um die ,Eindringungen' böswilliger »Intelligenzen'
verhindern zu können, die sich beständig für sie ausgegeben hätten; der größte
Teil des Weltbildes rühre von diesen Eindringungen her und entspreche nicht
der Wahrheit, ebenso sei sie auch völlig unschuldig an der Aufforderung zur Veröffentlichung
der Schrift und zu deren persönlichen Vertretung Eine chaotische
Verzweiflung war die nächste Folge dieser spiritistischen Katastrophe..."
Beachtenswert ist ein Experiment, welches v. G. mit einem Fräulein D. als
Medium unternommen hat (Seite 249). Er legte bei hellem Tageslicht
ein mit Ruß geschwärztes Papier auf einen mehrere Meter vom Medium entfernten
Tisch und ersuchte die „Geister" um einen Handabdruck. Nach einer
Weile ertönte von dem Blatt her Klopfen und leises Geraschel, worauf v. G.
nachsah und auf der berußten Blattfläche den Abdruck einer Männerhand entdeckte
, die erheblich größer war wie seine eigene. —
Zum Schluß möchte ich den Leser noch mit zwei okkultistischen Begebend
heiten bekannt machen, von denen die eine der Vater von Gumppenbergs erlebt
hat, die andere eine Gräfin Usedom.
Seite 80. „Auf der Rückfahrt nach der Pagerie überraschte mich mein Vater
durch die Erzählungen rätselhafter Erscheinungen, die den Tod meiner Großmutter
gewissermaßen vorher verkündet hatten. Das Schlafzimmer der Eltern
stieß an die Stube, in der die Großmutter schlief, und das Kopfende des Bettest
meines Vaters an den Rahmen der Verbindungstür. An dem dieser Tür gegenüberliegenden
Fenster des elterlichen Schlafzimmers stand ein Vogelkäfig mit
mehreren Singvögeln, die nachts in regungslosem Schlaf zu sitzen pflegten; ein
kleiner Oeldochtschwimmer, wie sie damals noch im Gebrauch waren, verbreitete
ein schwaches Dämmerlicht im Räume. In der Nacht vor der Erkrankung meiner
Großmutter — tagsüber schien sie noch gesund und frisch wie immer — er-
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