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400 Zeitschrift für 'Parapsychologie. 9. Heft. (September 1932.)
offen, ebenso diejenige der Mitwirkung von Dämonen bei bestimmten okkulten
Phänomenen. Außer in dieser Schlußbemerkung tritt nirgends in der durchaus
neutralen Behandlung des ganzen Stoffes irgendeine religiöse Färbung
zutage.
Auf die Beziehung zwischen Okkultismus und Paläontologie hat zuerst das
berühmte Werk des Münchener Geologen und Paläontologen Prof essor D a c q u e
,,Urwelt. Sage und Mensch, eine naturhistorisch-metaphysische Studie" (Olden-
bourg, München, 1924) aufmerksam gemacht. Derselbe sucht paläontologisch
gewonnene Erkenntnisse, natur bis torische Tatsachen, Theorien und Möglichkeiten
über das Wesen und die äußere Erscheinung des Urmenschen, sowie über
seine Entwicklung zu vergleichen mit den noch vorhandenen sagenhaften Vorstellungen
und Angaben, wie sie uns in Mythen, Sagen, Kosmogonien und in
Märchen mit Sagenkernen erhalten sind. Außerdem bietet das Buch eine Brücke
zwischen dem Aeußerlich-Naturhistorischen und dem Innerlich-Metapsychischen.
Nach der Anschauung Dacques war der primitive Mensch im Besitz eines
natursichtigen Sehens. Es besteht zwischen ihm und der Natur eine innige
Verbindung, die es ihm ermöglicht, einer Kenntnis, eines Schauens, Fühlens
oder Ahnens der in, zwischen und über den Dingen und Wesen der physischen
Natur waltenden und webenden Beziehungen teilhaftig zu werden. Diese Natur-
sichtigkeit iat dasselbe, was wir heute mit Hellsehen bezeichnen.
Natursichtiges Können dagegen ist die Fähigkeit, ouf Grund
solchen Sehens und Wissens Einfluß auf die Dinge der Natur oder die Seelen
der lebenden Wesen bewußt oder unbewußt zu gewinnen, also Gestaltungen,
Acnderungen, Vorstellungen in der Umwelt und bei anderen lebenden Wesen
hervorzurufen, modern ausgedrückt: telepathisch, stark hypnotisch oder tele-
plastisch zu wirken, Strahlungen oder Materialisationen in der Ferne hervorzurufen
, mit altertümlichen Worten ausgedrückt: zu zaubern und zu bannen.
Nach Dacque soll der Urmensch imstande gewesen sein, unbekannte Kräfte auszusenden
, die, natursichtig und magisch angewendet, auch auf einem anderen
als dem äußerlichen grobmechanischen Weg sozusagen von innen her ihre
Wirkung ausübten.
f,Der n a c h adamitische Mensch hatte noch nicht das Großhirn, worin die
überindi"iduell seelischen Wallungen und Uebertragungen hellsichtiger Art ins r
Individualbewußtsein übersetzt werden konnten. War daher dieses noch unentwickelt
, so war eben jenes „Unterbewußtsein" auch der Normalzustand des
Seelenlebens, und dies ist eben das, was wir mit Schopenhauer als einen über-
oder unterindividuellen „natursomnambulen" Zustand bezeichnen können.
Später trat wohl eine Umschichtung der Bewußtseinszustände, des seelischen
Lebenszustandes ein: mit der Entwicklung des Großhirns tritt der Mensch in
die Sphäre des Bewußt-Reflektierenden, Individuellen, des Kausalen, raumzeitlichen
Denkens hinein, er wurde zum Bewußtseinsindividuum. Nun erloschen
mehr und mehr die telepathischen, hellsehenden und die auf solche
Weise sich betätigenden magischen Funktionen, die „Zauberkräfte". Es war
das Verlassen jenes wirklichen Märchenlandes, von dem wir in Sagen und
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