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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1932/0465
414 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft (September 1932.)

Maßstäbe in Betracht kommen. Es war notwendig, uns durch das Gestrüpp der
hier vollzogenen Auflösung uns vertrauter Begriffe hindurchzuwinden, um zu
zeigen, wie sich jede Wissenschaft erst ihre neue Begriffssprache schaffen muß
und darauf hinzuweisen, wie sehr die Parapsychologie dieser spezifischen Begriffssprache
noch ermangelt. Wir aber müssen uns abermals die Frage vorlegen
, welche Gültigkeit eigentlich unsere Denkformen besitzen, wenn ein auf
den exakten Wissenschaften basierendes System eine so grundstürzende Auflösung
aller unserer gewohnten Denkbegriffe herbeizuführen in der Lage ist.
Hier bleiben lediglich die Axiome der Logik unberührt. Wie seltsam aber mutet
es uns an, daß gerade gegen die Gültigkeit dieser Logik von der exaktesten aller
Wissenschaften, von der Mathematik selber stets triftigere und weitergehende
Einwände erhoben werden. Worum es sich hier handelt, soll ganz kurz an
einem Beispiel gezeigt werden. Wir wissen, daß die Zahlenreihe unendlich ist.
Wir wissen aber auch, daß sowohl die Summe aller geraden, als auch die
Summe aller ungeraden Zahlen, jede für sich wiederum unendlch ist, trotzdem
die Summe aller geraden Zahlen doch nur die Hälfte der gesamten Zahlen
vorstellt, liier ergibt sich ein Widerspruch gegen das Axiom der Logik, daß
das ganze größer sei, als ein Teil. Die Folge solcher Erwägungen war, daß man nun
auch daran ging, die Logik, die sich seit Aristoteles wohl kaum wesentlich geändert
hat, auf eine neue Grundlage zu stellen. Wiederum soll das nicht etwa heißen, daß
nunmehr mit einem Sei lag auch alle Gesetze der Logik aufgehoben seien. Das
Charakteristische ist, daß sich alle Unstimmigkeiten gegenüber der vergangenen
Wissenschaft immer nur dort ergaben, wo es sich um unendlich große oder
unendlich kleine Größen handelte.

Das moderne Weltbild stellt sich uns also als ein verwirrendes Chaos neuer
Fragen vor; wir haben gesehen, daß der Geltungsbereich der Kausalität seine
Unbegrenztheit verloren hat. Vertraute Begriffe, wie Raum und Zeit, erscheinen
gegenüber ihiem bisherigen Inhalt völlig verändert. Ja die Fragestellung
hat sich sogai bis an die Logik selber herangewagt, mit dem Prinzip,
nunmehr an allem zu zweifeln.

Bei der Zeichnung unseres geisteswissenschaftlichen Weltbildes kann natürlich
die Richtung nicht übergangen werden, die die „Philosophie des Organischen
" begründet hat und mit der Auffassung endgültig brach, die
im Leben nur einen Zustand der Materie erblickte und einen psychophysi-r
sehen Parallelismus zurecht konstruierte, der wirklich nur als ein sinnloses
Hypothesenspiel angesprochen werden kann. Die Forschungen von Driesch
haben einwandfrei dar getan, daß die Eigendisposition des Lebens als gesicherte
Tatsache gelten kann und die außerordentlich weitreichenden Konsequenzen,
die sich daraus ergeben, sollen später noch kurz überblickt werden. Gewiß
wäre es verfehlt, aus all diesen Darlegungen nun ableiten zu wollen, daß erst
wir den Schlüssel alles Geschehens in Händen hielten, daß erst wir der „Wahrheit
" nahe gekommen seien. Tatsächlich verhält es sich so, daß jedes philosophische
oder physikalische System seine unabänderlichen Wahrheiten besaß,
sofern es nur im Bereich der ihm gesteckten Grenzen betrachtet wird. Lediglich
die universelle, ausnahmslose Gültigkeit konnte bisher kein System nach-


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