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448 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1Q32.)
tails in einem Berieht des Prof. M. B. in Ledec (Böhmen) hervor, den ebenfalls
Herr Dr. Kuchynka (a. ja. 0. 171 f.) mitteilt.
56. Prof. B. hatte, während der Arbeit in seinem Atelier, zufällig eine
Schrift über „Yogismus" in die Hand bekommen und darin auch eine Anleitung
gelesen, „wie man aus seinem Leibe heraustreten könne4*. Trotz seiner ausgesprochenen
Skepsis versuchte er, einem „abenteuerlichen Einfall" folgend, sehr
gewissenhaft die vorgeschriebenen Übungen. „Natürlich ohne Erfolg." Er legte
also das Buch beiseite und begab sich ins Schlafzimmer, wo er über einer gleichgültigen
Lektüre „wahrscheinlich" einschlief. „Im nächsten Moment erwachte ich
wie aus einem bösen Traum, aber ich hatte die Augen geschlossen. Ich fühlte
jedoch, daß ich mich nicht in der vorigen Lage befand, also rücklings, sondern
daß ich wagerecht mit dem Gesicht nach unten schwebte. Ich bin Maler und
kann mir infolge meines geschulten Bildergedächtnisses nachträglich die Einzelheiten
dessen, was ich gesehen habe, ins Bewußtsein rufen. Als hätte ich es
heute gesehen, erinnere ich mich an folgendes Bild: Ein schlichtes, hell erleuchtetes
Schlafzimmer, neben dem Bett ein Tischchen mit einem Glas Wasser
und einer tickenden Uhr, ein Teppich, und auf dem Bette mein eigenes Gesicht
mit geschlossenen Augen, mit den Zügen eines Leichnams und mit im Todeskampf
zusammengebissenen Zähnen. Mein erster Gedanke war, daß ich aus dem
unendlichen Strom des Lebens und Todes entschlüpft sei, wie wenn sich der
Fuß aus dem Gelenke verstaucht und nicht zurück kann. Oder als wenn alles
Leben, Gebären und Sterben in einem starken Glasrohr dahinflösse, ich aber
außerhalb des Rohres wäre. Dies Gefühl, daß ich gar nicht sterben könne,
rief in mir einen grenzenlosen Schauder hervor, wie ich ihn weder zuvor noch
nachher je erlebt habe. Es kam mir der Gedanke, wie man meinen Leib finden
und begraben würde, und ich bin doch nicht gestorben und kann es niemand
mitteilen! Ich spannte übermenschlich meinen Willen an, dann hatte ich das
Gefühl, wie wenn der verstauchte Fuß in das Gelenk wieder hineinfiele, und
ich sah die bekannte Decke und lag in meinem Bette. Meiner Gewohnheit gemäß
bemühte ich mich, mir alles logisch zu erklären: Ich war wahrscheinlich eingeschlafen
und hatte einen schweren Traum gehabt. Aber drei Gründe überzeugen
mich, daß es sich nicht so verhalten hat: 1. Nie zuvor war ich imstande
gewesen, mir mich selbst mit geschlossenen Augen vorzustellen. 2. Noch in der
ersten Lage nach dem Erwachen wurde ich mir dessen bewußt, daß ich von oben
neben dem Bett ein heruntergefallenes Buch mit einem zusammengeknifften
Blatte gesehen hatte. Es war heruntergefallen, nachdem ich das Bewußtsein verloren
hatte. In meiner Lage [im Bette] konnte ich es nicht sehen, wohl aber in
der neuen, oben beschriebenen Lage. .. Das Buch lag tatsächlich, wie ich nachher
fand, in dem von mir gesehenen Zustand auf dem bewußten Platz. Außerdem
bemühte ich mich, mir die Ansicht des Bettes und des Schlafzimmers, so
wie ich sie gesehen hatte, zu verschaffen, fand aber, daß es nur dann vollständig
(möglich wäre, wenn ich mich auf ein ungefähr 3/4 Meter über dem Bette wagerecht
aufgehängtes Brett legen würde. 3. In der Furcht, nochmals einzuschlafen,
zeichnete ich mich selbst nach der Erinnerung, und dabei erinnerte ich mich,
daß ich auf einem meiner zusammengebissenen Zähne ein kleines Fleckchen be-
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