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Mattiesen: Nochmals: Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument. 449
merkt hatte. Ich dachte: Es ist mir nichts bekannt von einem Fehler oder einer
herausgefallenen Plombe. Vor dem Einschlafen habe ich es nicht gesehen...
Ich sah in den Spiegel: der Fleck war tatsächlich da. Aber es war kein Fehler
im Zahn, sondern ein Mohnkorn aus einem Kuchen, den ich vor dem Einschlafen
gegessen hatte, das dort stecken geblieben war. — Weder vorher noch
nachher ist mir oder sonst jemand aus unserer Familie etwas Übernatürliches
zugestoßen: es waren auch keine Nervenkrankheiten oder Neigungen dazu vorhanden
."
Die Beispielreihe meines ersten Aufsatzes beschloß ich mit Fällen, in denen
die realistischen Wahrnehmungen des eigenen Körpers und seiner Umgebung
bald übergingen in „gänzlich ins Jenseitige und Unirdische greifende Visionen",
die ich für „vermutlich sehr bedeutsam" erklärte, aber als über den Rahmen
meiner Arbeit hinausgehend beiseite zu lassen genötigt war. Den Hinweis auf
zwei weitere Fälle dieser Art verdanke ich Herrn Dr. Carl Vogl, dem bekannten
hervorragenden Mitarbeiter dieser Zeitschrift und Verfasser einiger höchst gedankenreicher
Bücher aus unserem Forschungsgebiet. Beide Fälle waren mir
schon früher bekannt geworden, bei der Abfassung meines Aufsatzes aber bedauerlicherweise
übersehen worden.
57. Der erste ist enthalten in einem Aufsatz Dr. Vogls über den sehr merkwürdigen
Franz Richtmann1), welcher geradezu eine Art Doppelleben geführt zu
haben scheint: ein dies- und ein übernormal-jenseitiges. „Befindet sich Richtmann
(heißt es da u. a.) in jenei zunächst ganz neuen Welt, so liegt sein Körper
starr, wie tot, auf seinem Lager. Als er einmal langsamer [!] als sonst in die
Alltagswell zurückkehrt, die Arme bereits bewegt und den Kopf mit Mühe in die
Höhe hebt, da erschrickt er nicht wenig, als er hinter sich auf dem Polster
seinen eigenen grobstofflichen Kopf erblickt, mit klaffendem Munde, halbgeschlossenen
Lidern, wie bei einer Leiche. Schleunigst legt er sich wieder
zurück, um zu warten, bis alles in Ordnung, gleichsam wieder fest ineinandergefügt
ist."
58. Der andere Fall, mitgeteilt in dem Buche „Unsterblichkeit" (Dachau,
1917, S. 9 f.), betrifft Dr. Vogls eigene Gattin, „die sich nie mit Dingen dieser
Art befaßl und nie etwas darüber gelesen hat". „Ich hatte mich eben zu Bette
gelegt (berichtete sie ihm gelegentlich) und war noch ganz munter, als ein
Gefühl über mich kam, als ob etwas Schweres von meinen Füßen aufwärts
über mich hinginge. Meine Glieder wurden starr, ich wollte dich rufen, konnte
es aber nicht mehr. Da mit einemmal sehe ich deutlich meinen eigenen Leib
im Bette liegen und denke: nun bist du gestorben..." Es folgt dann eine
kurze Vision, die Dr. Vogl selbst mit dem bekannten .,Sommerland" der Spiritisten
in Beziehung setzt, die uns aber, wie gesagt, hier nicht zu beschäftigen
braucht. —
Ich glaube, daß auch die kleinere Beispielsammlung dieser „Nachlese" geeignet
ist, den Argumenten, die ich zugunsten einer „realistischen" Theorie der
Exkursion vorgebracht habe, vermehrte Kraft zu verleihen. Auch hier scheinen
x) Psych. Studien, Bd. 50. 1923, S. 28 ff., s. das. 29 f.
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