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470 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft (Oktober 1932.)
Stehenbleiben vor neuen Ultrafarben, deren bevorzugte Einreihung zu ewigem
Verweilen einlädt.
Jedes Weiterdenken stößt irgendwo auf verstrahlende Materie, auf wachsende
Nebelferne und Gestaltlosigkeit. Von welcher Seite man auch ausgeht,
überall wehrt sich die Angst vor Tod und Nichtsein gegen letzte Konsequenzen
einer zum völligen Entschwinden weisenden Unendlichkeit und rettet sich aul
eine Insel irgendwelcher Phänomenik. Und zwischen den verschiedenen Inseln
dieser Phänomenik erhebt sich nun der Streit um das einzig wahre Phänomen und
um jene religiöse Verfälschung, die das Ur sagbare mit sinnlichen Emblemen und
Worten zu verkleiden und abzustufen sucht und selbst mathematische Lehrsätze
anzweifelt, wo sie nicht ins Dogma passen. Das Studium der Phänomenik würde
auf allen Seiten gewinnen, wenn es seine Begrenztheit feststellte gegen Nacht
und Nichtsein, gegen Ewiges und Letztes, wo sinnendes Sein seelisch und körperlich
entschwindet wie bei Trance und Dematerialisation. Nicht in Tatsachen
und Erscheinungen selbst, in ihrem gegenwärtigen Uberblicken, Höherheben und
Festhalten, sondern in ihrer Fähigkeit zu gleichem periodischem Schwinden und
Wiederkehren rundet sich Welt- und Lebenskreis zur Vollendung. Je tiefer der
Zerfallwirbel bewußten Seins im träum- und visionslosen Schlaf, desto stärker erwächst
daraus neue Aufbaukraft, desto mehr dringt der Seelen- und Stoffwechselkreis
zu jenen Uranfangsgliedern der im Ich wiederholten Stammesgeschichte,
wo aus Nichts — Etwas entstand, /u Neuschöpfung und Wiederkehr.) Vgl. m. kl.
Schrift „Die Welt im Ichu, Verlag E. Lichtenstein, Weimar).
Erweiterung unseres Wissens- und Erfahrungsschatzes ist auch bezüglich
der Ichspaltungen zu begrüßen, nur darf sie wie jede Aufstapelung \on Erkenntnissen
nicht dazu führen, darin selbst schon neue Stufen zur Vollendung zu sehen.
Jede neue Beobachtung vergrößert zunächst nur das Blickfeld, die Zahl der Vergleichsmöglichkeiten
, ohne zu gestatten, daraus als letzte Deutung eine andere
zu konstruieren, als sie bereits jede uralte Weisheit zu bieten vermag. Nach Rom
führen viele Wege, und es kommt nicht so sehr auf den Ausgangspunkt an als
auf die Kraft, das Verschiedenartige miteinander in Beziehung zu setzen. Verlangt
man von offizieller Wissenschaft vorurteilslose Prüfung, so muß man zuerst
mit eigenen Vorurteilen aufräumen, die für die Tatsache selbst schon darum
höhere Bewertung fordern, weil sie selten und neu ist oder gar im Lichte raschfertiger
Deutung allein selig /u machen verspricht. So dürfte auch jede Zuspitzung
von Gegensätzen innerhalb des parapsychologischen Lagers zum
Teil geboren sein aus zuweilen übertriebener Bewertung der Phänomenik an
sich. Je höher man eine Tatsaciie als solche einschätzt, desto emptindlicher
wird auf jedes verdächtige Augenzwinkern des Gegners reagiert. Würde man
dagegen die Phänomene überall nur als gleichwertige Teile der großen Lebensforschung
bewerten, so würde selbst mit Spirits ruhiger und sachlicher zu verhandeln
sein über die Frage ihrer Umgrenzung und Einordnung ins Ganze.
Zwei erfüllte Prophezeiungen.
*Die erste fällt in den Beginn, die zweite an das Ende der siebziger Jahre
des vorigen Jahrhunderts. — Meine Mutter hat sie miterlebt, als auffallende Ereignisse
im Gedächtnis behalten und noch oft davon erzählt. —
1 Fall.
Meine Mutter ging mit ihrer Freundin, einem blühend gesunden, 18 jährigen
Mädchen namens Dini, in der Vorstadt von Linz spazieren. Dort standen damals
in der Nähe des Voiksgartens wenige Häuser, und oft noch hielten doit Zigeuner
mit ihren Wohnwagen Rast. Eine solche Zigeunerfrau näherte sich den beiden
Mädchen und wollte ihnen durchaus aus der Hand wahrsagen. Beide aber hielten
auf solche Dinge nichts; meine Mutter wies das Weib bestimmt, aber ruhig ab.
Dini jedoch war empört über die Zumutung, nannte das Weib eine freche Schwindlerin
, und als diese noch zauderte, rief sie ihr zu — sie hatte Dini bei der* Hand
gefaßt — wenn sie nicht augenblicklich schaue, daß sie weiterkomme, werde sie
einen Wachtmann holen lassen. Da sagte die erzürnte Zigeunerin: „Und das
Fräulein soll mich doch anhören, ob sie will oder nicht. Ich hätte ihr es vielleicht
nicht gesagt, was ich sehe — aber weil sie so grob ist, sage ich es ihr...
Sie werden in zwei Jahren am Knie erkranken, zwei Jahre krank sein und sehr
leiden — und nach diesen zwei Jahren an der Knieerkrankung sterben.1' Nach-
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