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Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1932.)
Pseudopodien (Stützbalken) durchtrennt, ohne den Sturz des Mediums damit
herbeizuführen. Das Problem der Levitation von Personen läßt sich nicht nach
dem Schema des Zustandekommens der einfachen Telekinesen erklären. Vielmehr
spricht alles für eine Art Leichterwerden des medialen Körpers, ebenso
wie derselbe auch an Gewicht zunehmen kann. Eusapia Paladino konnte ihr
Körpergewicht zwischen 52 und 73 kg schwanken lassen; Miß Goligher, das
Medium Crawfords, verlor bis zu 25 kg an Körperschwere. Das in jeder Weise
ungelöste Problem der Levitation ist in einer historischen Studie von Dr. Mat-
tiesen, betitelt „Das Problem der Levitation und die Entrückung des menschlichen
Leibes" (Revalo-Bund, Hefte Juli, August, September 1926) vortrefflich
behandelt. Eines der paradoxesten Phänomene des Okkultismus, „Die Entrückung
", stellt uns nach Mattiesen vor die nicht mehr zu leugnende Tatsache
der Dematerialisierung.
Die Unbeständigkeit des Gewichtes bei Medien, ihr Emporschweben in
folge eines körperlichen Leichterwerdens, gehören in diese Reihe vitalistischer
Betrachtungsweise. Somit lassen sich keineswegs, wie das vorliegende Beispiel
zeigt, gewisse biblische Wunder, — soweit sie eine Analogie mit medialen
Phänomenen haben, — hinwegdisputieren oder rationalistisch nach irgendeinem
hypothetischen, also keineswegs erwiesenen, Schema erklären. Hier
aschießt ein sonst so kritischer Kopf wie Rust über das Ziel hinaus, so daß
man seinen Darlegungen nur mit erheblicher Einschränkung beistimmen kann.
Derselbe Autor, Professor Dr. Hans Rust, untersucht in einer außerordentlich
gründlichen Arbeit „Das Zungenreden im Neuen Testament
" (Wunder der Bibel, Teil II, Baums Verlag in Pfullingen) und behandelt
noch einmal dasselbe Thema erweitert in den „Grenz fragen des
Nerven- und Seelenlebens" unter dem Titel „Das Zungenreden. Eine Studie
zur kritischen Religionsphilosophie" (Bergmann, 1924).
Der Inhalt besteht aus besonderen Abschnitten über die Phänomenologie,
die Psychologie, die Typologie und Pathologie des Zungenredens sowie über
Verstehen und Auslegen desselben. Das Schlußkapitel beschäftigt sich mit der
Glossolalie (z. B. bei Paulus und in der Pfingsterzählung usw.). Bei der Gleichheit
der äußeren Erscheinungsform des Zungenredens im Mediumismus (automatisches
Schreiben, Dichten, Malen, Singen, fremdsprachliche Glossolalie) ist
dieses Werk für das parapsychologische Studium unentbehrlich. Uebrigens
protestiert Verfasser in einer Vorbemerkung ausdrücklich dagegen, als Okkultist
zu gelten. Aber sein Werk trägt sicherlich zur psychoanalytischen Aufklärung
mancher sogenannten Prophezeiung bei.
Ein weiteres Resultat der gleichen streng wissenschaftlichen Forschungsmethode
bietet Dr. W. J a c o h y , Abteilungsarzt der Psychiatrischen Klinik in
Jena, in seiner Studie „Extase der alttestamentlichen Propheten
" (Bergmann 1920). Der Verfasser behandelt sein Thema vom geschichtlichen
, kirchlich-dogmatischen und psychiatrischen Standpunkt, wobei besonders
die Prophezeiungen und visionären Erlebnisse berücksichtigt werden. Nach
seiner Auffassung sind die Visionen der großen israelitischen Propheten Wachvisionen
. Die Propheten wußten zwischen Tatsachen, subjektiver Verarbeitung
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