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Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1932.)
Dr. P. A. D i e t / : „Paragnosit in der Bibe 1." Weist auf eine Anzahl
paragnostischer Ereignisse (vor allem telepathischer und hellseherischer Art)
in der Bibel, insbesondere dem Alten Testament, hin. — Schon Paracelsus kannte
die Telepathie, nannte sie aber „die sechste Spezies" oder „Ars cabalistica".
D r s. W. H. C. T e n h a e f f: „U ber sog. Phantome Sterben-
d e r." In einer Stellungnahme zu einem im Heft 4, 3. Jahrg. der Tijdschrift mitgeteilten
Fall von Vorahnung meint Herr F. Ortt, es handle sich dabei um eine
Vorausschau der Todesanzeige, vergleichbar etwa gewissen Buch- und Zeitungstests
mit Mrs. Leonhard. Verfasser stimmt dem zu.
Dr. Gerda Waith er.
Buchbesprechungen.
Jean Marques-Riviere. A POmbre des Monasteres Thibetains. Preface de Maurice
Magre (-= Orient Nr. 5), Paris et Neuchatei, Editions Victor Attinger 1930.
8. Auflage. XXIII und 211 Seiten.
Ein sehr merkwürdiges kleines Buch, nicht ohne Reiz. Angeblich das Lebensdokument
eines nach Tibet ausgewanderten Franzosen, den seine geistige Wesensverwandtschaft
zu den tibetanischen buddhistischen Mönchen trieb, und der sich
von ihnen in ihr religiös-mystisches Leben einweihen ließ. Das Buch schildert
seine Wanderungen und seine inneren Erlebnisse. Es ist voll von parapsychischen
Dingen bis hin zu Göttermaterialisationserscheinungen und stellt eine Art asiatisches
Gegenstück zu dem spätantiken Buch des Neuplatonikers Jambhchos über die
ägyptischen Mysterien dar.
Obwohl das Buch echte hochasiatische Luft atmet, die uns aus Sven Hedins
und anderer Werke vertraut ist, möchte ich das Buch einstweilen als die Schöpfung
eines Dichters ansehen, der sich freilich erstaunlich gut in die Geisteswelt
Hochasiens eingelebt hat. Verräterisch ist zumal die doppelte Vorrede. Auf das
Vorwort Magres folgt eine weitere Einleitung des Verfassers, der das Buch als
eine Zusendung jenes nach Tibet ausgewanderten Franzosen bezeichnet.
Das Paradoxe ist, daß, auch wenn das Buch selbst Dichtung ist, damit die
Frage nach dem Vorkommen analoger Dinge im tibetischen Buddhismus jnoch
keineswegs entschieden ist. Eine nähere Beschäftigung mit der griechischen
Mysterienreligiösität hat es mir immer mehr zur Gewißheit werden lassen, daß
hinter derselben wie auch hinter der neuplatonischen Theurgik (=dk Kunst,
Götter erscheinen zu lassen) irgendwelche echten parapsychischen Vorgänge
stehen. Es wäre höchst interessant, wenn sich derartige Dinge bis heute innerhalb
Zentralasiens erhalten hätten. Vom parapsychologischen Standpunkt besteht
eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, daß die dort mit unerhörter Intensität gepflegten
Trancezustände parapsychische und wohl auch parapsychophysische
Phänomene mit sich bringen. Ihre Aufhellung dürfte die Religionsgeschichte ein-
in manchen Punkten in außerordentlicher Weise umgestalten. Oesterrich.
Dr. Hans Prinzhorn: „Charakterkunde der Gegenwart." Philosophische Forschungsberichte
Heft 11. Verlag Junker und Dünnhaupt, Berlin 1931. —
122 S. Geh. M. 5.—.
Eine auch für den Parapsychologen wichtige Einführung in die gegenwärtig
im Entstehen begriffene neue Wissenschaft der Charakterologie, die wohl vor allem
berufen sein dürfte, die mechanistische Psychologie endgültig zu überwinden. Die
ersten Anfänge und die weitere Entwicklung der Charakterologie, ihre Grundbegriffe
und —- Probleme, ihre bisherigen Resultate werden in allgemein verständlicher
Weise dargelegt. Dabei wird vor allem auch die ausländische Forschung in
viel umfangreicherem Maße herangezogen, als dies sonst der Fall ist. Die Lehren
von l udwig Klages und seine Theorie von der Gegensätzlichkeit zwischen Leib
und Seele einerseits, dem „Geist" andererseits, wird besonders eingehend behandelt
. Als Anhänger von Klages weist Prinzhorn alle, die ihn seiner Meinung
nach nicht genügend würdigen, äußerst scharf zurück. — Parapsychologische
Fragen werden nicht direkt berührt, doch ist die Befassung mit der Charakterologie
gerade auch für den Parapsychologen wichtig. Ein ausführliches Literaturverzeichnis
orientiert über das wichtigste Schrifttum auf diesem Gebiet.
Dr. Gerda Walther.
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