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Zeitschrift für Parapsychologie. Heft l. (Januar 1Q33.)
Freuds und Adlers charakterisiert, es wird versucht, sie aus der historischen
Situation heraus /u verstehen, in der sie entstanden und /u zeigen, worin wir
ihnen bleibend Wertvolles verdanken, worin sie andererseits in Einseitigkeiten
und Vorurteilen stecken blieben. Besonders eingehend wird Jungs Typenlehre
und Psychotherapie behandelt, die sich nicht nur auf den Kranken, sondern auch
auf den Gesunden bezieht und den Menschen mehr und mehr nicht nur als Einzelindividuum
, sondern als Glied der ihn umgebenden physischen, pflanzlichen,
tierischen, kosmischen, rassemäßigen, volklichen, historischen, familiären, religiösen
usw. Welten, in denen er wurzelt, aus denen er hervorgegangen ist oder
denen er zustrebt zu verstehen sucht. Immer wieder wird hier die Notwendigkeit
des Sowohl-als auch gegenüber dem Entweder-oder in bezug auf die großen polaren
Gegensätze, denen der Mensch gegenübersteht (Männliches-Weibliches,
Lichtes-Dunkles, Veräußerlichung-Verinnerlichung usw.) betont.
Dr. Gerda W a 11 h e r.
Or. med. Eugen Heun, Gesundheit als Erlebnis. Issels Kampmann
Verlag, Freiburg i. Br. 1929. 140 Seiten. 4.50 RM.
„Was nützen dem Laien alle exakten Forschungen und hochwissenschaftlichen
Bücher, wenn ihm zur Erfassung derselben das Organ fehlt?" fragt der Verfasser
in der Einführung zu seinem Werke. Dazu wäre zu sagen, daß den Laien \zwar
nicht das Organ fehlt, höchstens einigen von ihnen die Übung, aber daß \or allen
Dingen den sogenannten Gelehrten die Fähigkeit fehlt, sich so auszudrücken,
daß der „Durchschnittsleser" sie verstehen kann.
H. wendet sich mit seinem Buche obenso eindringlich an die Laien wiz an
den Ar/t. In der Verbindung von kausal-mechanistischer und teleologisch-finaler
Denkweise erblickt er den schöpferischen Geistesakt, der als Intuition eine zentrale
Bedeutung für die Erfassung des lebensvollen Zusammenhangs der Innen- und
Außcnw elterlebnissc gewinnt.
Ich vermute, daß der Verfasser hier nicht nur den Laien, sondern auch den
meisten Ärzten schon etwas zuviel zutraut. So einfach sind die Ergebnisse hochwissenschaftlicher
Forschung nicht den interessierten Laien und Ärzten zu vermitteln
. Aber immerhin ist der muholl unternommene Versuch und die Absicht
sehr anerkennenswert.
Zur Erfassung der Wirklichkeit bedient sich der Verfasser der perspektivischen
Anschauung des Marburger Psychologen Jaensch.
„Da es aber bei einer wirklich persönlichen und individuellen Heilbehandlung
immer um den ganzen Menschen geht, müssen stets beide Denkrichtuagen betätigt
werden", nämlich die kausal-mechanistische für das physikalische und chemische
Geschehen und die teleologisch-intuitive für die höheren geistigen
Regionen. Dibei wird die kausal-mechanistische vom Anorganischen bis zum
höchsten Geistigen zunehmend ungenauer und die teleologisch-finale vom höchsten
Geistigen bis zum Anorganischen immer weniger brauchbar.
Natürlich kann H. weder dem Laien noch dem Arzt Anweisung geben, wie
er im besonderen Falle diese beiden Denkweisen zur Anwendung bringen soll.
Dazu gehört ein geborener Arzt, der selbst lebensnah ist und der fassen I ann, was
der Verfasser meint, wenn er sagt: „Organische, von innen nach außen ungestört
\ erlaufende Bewegungen sind das beste und leichteste Mittel zur Erreichung der
Leib-Seele-Einheit." Gerade dieses „leichteste" Mittel ist aber so schwer, daß ich
bezweifeln muß, ob jemals ein Arzt oder Laie auf die vom Verfasser angedeutete
Weise zur Leib-Seele-Einheit kommen kann.
Am Schluß seiner Anweisungen für Nervenkranke sagt er: „Ich wollte und
durfte jedoch nicht versäumen, am Schlüsse dieser Ausführungen auf die Bedeutung
geistigen und seelischen Wachstums und den Wert der Weltanschauung hinzuweisen
. Schon dadurch ist entschieden, daß der Materialismus für uns überwundene
Sache ist und nur im Idealismus, d. h. in der Bejahung der Geist-Gottnatur
des Menschen auch das Heil für die Nerven liegt."
Wer aus diesem Für und Wider nicht herauskommt, kann nach Ansicht des
Referenten niemanden zur Geist-Seele-Leib-Einheit führen. Dr. Bahrmann
Dr. med. Eugen Heun, Selbsterkenntnis und Selbstentwick-
lung. Niels Kampmann Verlag, Freiburg i. Br. 1930. 200 S. 7.20 RM.
Der Verfasser ist ein Schüler Jungs, dem das Buch auch gewidmet ist. Er
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