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verbindet mit den Lehrsätzen seines ärztlichen Lehrers die Auffassungen des
Marburger Psychologen E. R. Jaensch und bietet in der Hauptsache eine Analyse
seines eigenen Typs, an dem er sich nach allen Richtungen hin zu orientieren
versucht
Wenn der Verfasser an einer Stelle sagt: „Mehr noch als geistige Gewandtheit
sind der Wille zum Guten und die Bereitschaft zu, wenn auch noch so schmerzhafter
Wiedergeburt nötig, um den Kampf mit den unbewußten, dämonisch wirkenden
Kräften zu bestehen", so muß man ihm antworten, daß die wahre Wiedergeburt
trotz allem meist nicht erreicht wird. Denn die Erscheinungswelt wird
auch in der von Heun geschilderten Wiedergeburt nicht in ihrer Hinfälligkeit und
Nichtigkeit erkannt, sondern nur der Versuch gemacht, sie chemisch zu reinigen
und „auf neu" zu bügeln. Religiös gesprochen, es wird hingewiesen auf eine
Wiedergeburt des Adam, der alle seine neurotischen Möglichkeiten -- Sündhaftigkeit
— behält, aber nicht der Weg gezeigt zur Auferstehung des Christus, der im
Urgrund jedes Menschen lebenden, kosmischen Liebeskraft Adam, als Ich-Bewußtsein
, spaltet immer wieder und trennt ewig, was „Christus" ewig vereinigt.
Dieser Adam „weiß" zwar, daß es kein Oben und Unten gibt, aber er „tut" es
nicht; er spaltet ständig in Innen und Außen, Höchst und Tiefst, in gute'und bÖ5»e
Dämonen usw. usw.
Fragt man ihn inquisitorisch, so wird er die Einheit zugeben, aber in seiner
Antwort trennt er gleich wieder, denn e r ist nur in der Polarität existent, und
existieren muf er doch. Würde er die Einheit wirklich tun oder erleiden, dann
müßte er sich als Erscheinung aufgeben, und das will er unter keinen Umständen
tun.
Verfasser sagt an einer anderen Stelle: „Die Dynamik der Lebensvorgänge ist
unmittelbar geknüpft an das Wechselspiel von innen und außen." Dazu möchte
ich nur kur>. bemerken, daß auch im Atom (das uns als Schülern für die letzte unteilbare
Stoffeinheit angepriesen wurde, daher der Name) nicht nur ein Proton und
Elektronen vorhanden sind, sondern auch eine Neutronmasse.
Also auch in diesen Urgründen der brausenden Synthesen und des endlosen
Zerfalls scheint es eine Ruhelage, ein Jenseits der Polaritäten zu
geben („weder Mann noch Weib").
In der Leugnung dieser Möglichkeit im Organischen im allgemeinen und im
Menschen im besonderen, in der Verleugnung des Wesens im Menschen, das weder
die Spannung von innen zu außen noch von außen zu innen kennt, sondern in
der lebendigen Ruhe lebt, scheint mic der letzte Grund alles Elends der Menschen
zu liegen. Aber dieser „Grund" liegt jenseits aller Erörterungen.
Für den Laien wie für den Arzt bietet das Buch eine sehr empfehlenswerte
Einführung in die moderne Seelenlehre und die seelische Behandlung.
Dr. Bahr m a n n , Berlin.
Die neue Auflage von Brockhaus' Konversationslexikon
und die Parapsychologie.
Es ist gewiß von Interesse, die bisher erschienenen zwölf Bände der fünfzehnten
Auflage dieses nach vielen Seiten hin ausgezeichneten Führers durch
das Wissen der Gegenwart auf ihr Verhältnis zur modernen Parapsvchologie zu
durchmustern. Da muß man leider immer wieder sehen, daß in dieser Hinsicht
das Lexikon nicht auf der Höhe ist. Mit leisem Verwundern liest man in den
an Lobsprüchen sonst so sparsamen biographischen Artikeln unier „Max Dessoir",
daß sein Buch: „Vom Jenseits der Seele" für die okkulten Fragen grundlegend
sei. Daß ein Sir Oliver Lodge, dem ein Artikel als Phy^ker gewidmet ist, jmehr
als eine nicht ganz unwichtige Schrift über okkulte Fragen veröffentlicht hat,
erfährt man mit keiner Silbe. Damit vergleiche man die freundliche
Berücksichtigung, die dieser Nestor unserer Wissenschaft in der zweiten
Auflage des Wörterbuchs „Religion in Geschichte und Gegenwart" gefunden hat.
Bei „August Messer" werden alle möglichen Schriften genannt, aber nicht die
über „wissenschaftlichen Okkultismus". Artikel über Bozzano in Savona, über
Geley, Grunewald, Mattiesen u. a. fehlen ganz. Wohl aber kann man sich über
Jackie Coogan unterrichten. Uber „Kreuzkorrespondenzen" erfährt man nichts.
In dem Artikel „Medium" werden am Schluß unter „Regelmäßige Berichte" zwar
die Zeitschriften der englischen und der amerikanischen Gesellschaft für psychische
Forschung genannt, aber keine einzige deutsche Zeitschrift. Echt Deutsch! Der
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