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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1933/0426
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Wir kommen nun zur wichtigen Frage der Stellungnahme der englischen
Tagespresse zu dem Okkultismus. Diese bietet im Vergleich zur deutschen Presse
ein sehr erfreuliches Bild. Die englische Presse weiß nämlich ganz genau, daß sie
den Okkultismus nicht mehr ignorieren oder verspotten darf; denn die Bewegung
ist jetzt in England zu stark und sie würde sich die Gegnerschaft von über einer
Million Lesern dadurch zuziehen. Es gibt zwar einige recht konservative Blätter,
die den Okkultismus möglichst ignorieren. Man findet z. B. selten etwas über
okkulte Phänomene in der Times, in der Morning Post, oder dem Daily Telegraph,
es sei denn, daß es sich um einen spiritistischen Prozeß handelt, in welchenT Fall
nur sachlich ohne Kommentar berichtet wird. Eine Ausnahme bildeten jedoch
die Rudi-Experimente von Prica, die, wenn ich mich nicht irre, auch im Daily
Telegraph und in der Morning Post besprochen wurden, allerdings in sehr reservierter
Tonart. Sonst aber können Sie in fast allen Zeitungen Großbritanniens
längere Polemiken über Spiritismus heutzutage lesen. Es wird teils heftig angegriffen
, aber auch die Verteidiger dürfen ausgiebig zu Worte kommen, worin
man einen löblichen Unterschied zwischen englischer und deutscher Berichterstattung
konstatieren kann. Großes Aufsehen erregte eine lange Artikelserie in
der Daily Mail über das Problem des Spiritismus. Diese sehr verbreitete Zeitung
hatte die bedeutendsten Gegner und Vertreter des Spiritismus aufgefordert, zu
dieser Frage Stellung zu nehmen. Unter den Gegnern traten auf natürlich in erster
Linie der bekannte Bischof Inge, erster Geistlicher der St. Paulus Cathedralie,
der zu den wüstesten Antispiritisten gehört, und der bekannte Arzt Sir Keith, der
als eingefleischter Materialist die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode rundweg
ablehnt; die spiritistischen Arguniente waren bei solchen bedeutenden Männern
wie Sir Oliver Lodge und dem Bischof von Norfolk in guten Händen. Diese
Debatte dauerte mehrere Monate und wurde jeden Sonntag fortgesetzt. Eine ähnliche
Artikelserie ging dieser im Daily Expreß voraus.

Lady Conon Doyle hat eine ganze Artikelreihenfoige in the Despatch veröffentlicht
. Lord Cottenham durfte über seine eignen mediumistischen Eigenschaften
in einer Anzahl Aufsätzen im Daily Expreß berichten. Dennis Doyle und
der Rev. Tweedale sind andauernd in der Provinz-Presse zu lesen.

Die Pro- und Antispiritisten unler der Geistlichkeit Englands treten ständig
in die Schranken, weil ihnen die Spalten der Tagespresse zur Verfügung gestellt
werden. Kurz und gut, es gärt ganz gehörig.

Man vergleiche die Stellungnahme der englischen Presse mit jener der deutschen
, wo selbst ein Driesch nur mit Mühe zu Wort kommen kann. Dabei ist hier
überhaupt nicht in Betracht gezogen, wie zahlreich die Berichte über Spontan-
und Spukphänomene in der Sensationspresse Englands auttreten. Es wird meistens
nur sachlich berichtet ohne Stellungnahme der Redaktion und mit einem erfreulichen
Mangel jenes spöttischen herablassenden Tons, der der deutschen Presse
bei okkulten Berichten eigen ist. Eine Ausnahme bildete ein Artikel der Daily
Mail, der in großen Überschriften die Mitteilung brachte: „Das berühmte Medium
Mrs. Meurig Morris entlarvt", und anschließend behauptete, daß ihre Trancereden
nur Geschwätz und Tratsch wären. Dieser Artikel wurde von einem sensationsbegierigen
Journalisten verfaßt, hatte aber einei ausgedehnten Prozeß zur Folge;
denn die beleidigte Mrs. Morris reichte gegen die Zeitung Klage ein. Sämtliche
Leuchten des englischen Spiritismus wurden als Zeugen aufgeboten; trotzdem
gelang es der Klägerin nicht, ein Urteil zu ihren Gunsten zu erzielen.

Wie immer in solchen Prozessen der Fall ist (man erinnere sich an den Prozeß
Rüdloff-Moll), wurde die Klage unter dem Vorwand einer berechtigten sachlichen
Kritik zurückgewiesen, wobei der Richter allerdings betonen mußte, daß
es dem Verfasser des Artikels nicht gelungen sei, Betrug nachzuweisen, so daß
Mrs. Morris mit rehabilitierter Ehre das Gericht verließ. Trotzdem wurde wieder
einmal die Nutzlosigkeit solcher Prozesse bewiesen, da ein einwandfreies Urteil
von okkultistisch unkundigen Richtern nicht zu erwarten ist.

Wir gelangen nun zur Frage des englischen Mediumismus, oder, um sich genauer
auszudrücken, der gegenwärtigen Zustände im Mediumismus Englands.

Verdankt man die Entwicklung des Spiritismus in Großbritannien in erster
Linie seiner vorzüglichen Organisation und der Unterstützung hervorragender
Persönlichkeiten, so muß man ohne weitres zugeben, daß dabei die vorzügliche
Qualität der Medien eine sehr große Rolle spielt. Auch in dieser Frage gebührt
der erste Dank den zahlreichen Gesellschaften, welche die Medien direkt er-


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