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Blacher: Apportstudien II.
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in letzter Zeit dagegen, daß sie alles auf eine sexuelle Unterlage stellt. Ist es
aber nicht doch am Ende eine Vogelstraußpolitik? Denn daß hier grundlegende
Gewalten von ungeheurem Ausmaße verankert sind, steht ganz außer
Frage. (Die Psychoanalyse bringt ja bekanntlich auch die Erscheinungen der
Religion auf diese Basis!) Sie müßte also auch, wie leicht aus dem vorhergesagten
ableitbar ist, in dem mediumistischen Sitzungen eine grundlegende
Rolle spielen. Obgleich man dort Anklänge findet, besonders in Form von
hysterischen Symptomen, so habe ich doch den Eindruck, wie ich schon oben u)
erwähnt habe, daß das polare Moment von dem egoistischen, d. h. dem, Ehrgeiz
des Mediums verdrängt wird. Alles spitzt sich also auf die Frage zu:
Haben wir es hier mit einem dualistischen oder monistischen Charakter des
Naturgeschehens zu tun? Daß nicht alles unbedingt polar sein muß, ersieht
man daraus, daß in den niedrigsten Organismen die Fortpflanzung durch
Zellteilung vor sich geht75). Weiter käme die Frage, wie es mit dem Altruismus
steht. Es wäre wohl denkbar, daß im Abendlande das egoistische
Moment, im Morgenlande das altruistische eine größere Rolle spielt. Wie in den
Sitzungen mit dem Medium BX zu ersehen ist, kam es hier der Psyche in
erster Linie darauf an, daß sie und auch sogar das leibliche Individuum nicht
zugrunde gehen. Daher die in der Sitzung Nr. 71, vom i3.5. 1932, unternommenen
Versuche, etwas körperliches wieder erstehen zu lassen, was vernichtet
worden war76), daher der sich wie ein roter Faden durch alle Sitzungen
ziehende Versuch zu beweisen, daß der Mensch unsterblich ist, daher die in
der Sitzung Nr. 97, vom 9. 12.1982, in Ekstase ausgerufenen Worte der Intelligenz
: „Ich lebe!"77). Im Morgenlande wird sich dem gegenüber vielleicht
die Psyche anders zeigen, da ja dort der Läuterungsprozeß durch Wiederveir-
körperung und das endliche Eingehen ins Nirwana die Gemüter beherrscht.
Wie zu sehen, sind diese Fragon außerordentlich tief und kompliziert. Am
besten wird man >vohl in das Wesen dieser Vorgänge in esoterischer Auffassung
D. Ztschr. 1932, S. 429, Fußn. 7. Siehe dazu auch Z. f. metaps. F. 1931,
S.203; ds. Ztschr. 1926, S.301.
75) Dieses Problem habe ich zum Gegenstand einer Mitteilung („Technik
und Parapsychologie") gemacht, die ich dem 3. Internat. Kongreß für metapsych.
Forschung in Paris 1927 vorlegte. Dort versuchte ich am Beispiel der Technik
als eines Ausdrucks eines Urphänomens, der Magie, aufzuzeigen, daß die Polarität
doch eine Ableitung aus einem monistischen Urgeschehen ist. Was die einfachen
Organismen anbetrifft, so wies ich auch dort darauf hin, daß demgegenüber
Fließ (Der Ablauf des Lebens, 1923) zeigte, daß, wenn auch der ganze
Prozeß als solcher monistisch aussieht, doch in den biologischen Uraktionen
männliche und weibliche Elemente getrennt zu finden sind. Später wurde mir
noch ein weiteres interessantes Moment bekannt. Die Inder besitzen die Kenntnis
von einer besonderen Jogha-Schulung, durch die sie die Oeschlechtskraft des
Menschen in okkulte Kräfte verwandeln können. Man könnte es als Verwandlung
der polaren Sexualkraft in monistische Urfor-
m e n zwecks Ausnutzung zu magischen Kräften auffassen. Damit würde stimmen
, daß in den Sitzungen der sexualpolare Charakter der medialen Kräfte —
zum mindesten nach meinen Beobachtungen (Kongreßbericht) — fast nie zum
Durchbruch kommt, obgleich es nach rein psychoanalytischer Auffassung erst
recht der Fall sein müßte.
D. Ztschr. 1932, S. 521 ff.
") L. c. 1933, S.261.
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