http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1933/0439
Blacher: Äpportstudien II.
389
seitige Welt oder das Jenseitige und Diesseitige sind nicht voneinander zu
trennen. Möglich ist, daß auch hier die fehlenden Begriffe uns die Erkenntnis
des Wahren erschweren80).
Die .Gotteswelt müßte ferner vom prinzipiellen Standpunkt aus gut sein.»
Es kommen aher nach Auffassung der Spiritisten auch böse Geister zum Vorschein
, wobei es nicht immer leicht ist, sie richtig zu unterscheiden, ob sie
dem guten oder bösen Teil der Dämonenwelt angehören. Wenn ich nun den
Eindruck wiedergeben soll, ob ich mehr mit der bösen oder guten Weift in Berührung
gekommen bin, so muß ich zugeben, daß ich beide Seiten in mein©
Deutung aufnehmen imiußte. Ich muß aber auch andrerseits gestehen, daß,
wenn es etwas Gutes war, ich einen stark egoistischen Unterton bemerkt zu
haben glaubte. Er erinnerte mich dann stark an das Pharisäertum und den
naiven Egoismus der fanatischen Christen uind Kirchenbesucher, was slark
zu denken gab 81). Natürlich gilt das auch von den in der Sitzung Nr. 97, vom
9. 12. 1932, aufgetretenen Anklängen an die Abendmahlsszene, die ja wohl
egoistisch, aber auch als aus dem Gebiet der mystischen Vergottung des
Menschen stammend, gedeutet werden könnte. Hier ist tatsächlich ein Leitgedanke
schwer zu finden, wenn man nicht nur negieren will. Alles dieses
berührt fraglos ein Gebiet, das von widerstandsfreien und offenen Religionsforschern
auf das intensivste studiert werden müßte. Welche Bedeutung aber
die Parapsychologie für die Religion und das Christentum haben könnte —
und in unseren Tagen wird das Wort Christlich besonders gerne von Politikern
in den Mund genommen, denen wohl kaum alles, was Christus gelehrt hat,
passen dürfte — das mög^ aus folgenden Überlegungen hervorgehen. Mir
bleibt ein Erlebnis unvergeßlich: In der Rigaschen Gesellschaft für psych.
Forschung hielt ein Theologe, Orientalist, Doz. M., der vom Okkulten nicht
gerade sehr begeistert war, öffentliche Vorträge über östliche und andere
Religionen. In einem Vortrage «sprach er von Christus und charakterisierte
ihn als einen pneumatischen Menschen, wodurch seine Gottähnlichkeit bewiesen
werden sollte. Er schilderte dabei nichts mehr und nichts weniger als
ein Medium. Die im Saal anwesenden Mitglieder der Gesellschaft für psychische
Forschung und besonders die Medien sahen sich erstaunt an; manche konnten
ein Lächeln nicht unterdrücken. Man sieht daraus, wie die Herren Theologen
und Religionsforscher ohne Kenntnis der Parapsychologie nichl weiter kom-
men können, ja sogar es riskieren, ich muß es geradeheraus sagen, sich lächerlich
zu machen. Die Fragestellung ist doch die: Sind wirklich die biblischen
Wunder ein Kriterium für die Gottähnlichkeit Christi, und ähneln diese Wunder
qualitativ den okkulten Phänomenen, So ergibt sich eine Schlußfolgerung
, die, wie mir scheint, vom jetzigen kirchlichen Standpunkt schwer
so) L. c. 1933, S.113.
81) Es fehlte aber dabei gewissermaßen „Europas übertünchte Höflichkeit".
Es machte vielmehr den Eindruck einer naiven, aber aufrichtigen Religiosität des
Primitiven, der voll überzeugt ist, daß die Gottheit in erster Linie für ihn da ist.
Übrigens trifft man diese Einstellung auch jetzt nicht selten an. Man denke nur
daran, daß der liebe Oott in Kriegszeiten leicht in die Verlegenheit kommen
kann, nicht zu wissen, wem er eigentlich helfen solle.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1933/0439