Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 174
(PDF, 78 MB)
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174

Zeitschrift für Parapsychologie. Heft 4. (April 1934.)

So sucht das Leben aus dem Todeserlebnis heraus seine Endlichkeit nach
zwei entgegengesetzten Richtungen hin zu überwinden, beide Male von einem
und demselben Absoluten angezogen. Aber auf jedem der beiden Wege muß es
eine seiner Grundmöglichkeiten verletzen und somit nach einer Seite hin schuldig
werden: im ethischen Streben muß es seine Individualität und seine Einmaligkeit
zugunsten eines Selbstes preisgeben, welches der Zeit und dem Tode
enthoben ist; im religiösen Streben verliert es seine Autonomie und seine spontane
Gestaltungskraft zugunsten der jemeinigen Existenz.

Was vom ethischen Standpunkt aus unsere höchste Würde ist: unsere Autonomie
und unser*? Freiheit, wird für den religiösen Menschen zum Ausdruck tiefster
Unwürde und Sündhaftigkeit. Denn im religiösen Erleben haben wir die göttliche
Offenbarung ohne Kritik auf Treu und Glauben hinzunehmen. Das ethische Wertverwirklichungsstreben
ist der ewige Erfüllungsversuch einer unendlichen Aufgabe
; das religiöse Streben hingegen hat nur dieses eine Erdenleben zur Yerf ügung,
in dem es das Heil zu erlangen sucht, welches sein Heil ist. Der religiöse Mensch
steht dauernd auf dem Sprungbrett des Todes, der alles in der Einmaligkeit
der Situation Geschehene unwiederholbar macht und alles Versäumte für ewig
\erloren sein läßt. (Unter den Erlösungsreligionen kennt nicht nur das Christentum
, auf das unsere Betrachtung der religiösen Existenz vorwiegend eingestellt
ist, sondern auch der Buddhismus das Schwergewicht der einmaligen religiösen
Entscheidung: denn der verschuldetste Mensch soll, wenn er in der Todesstunde an
den Erleuchteten, den Buddha, denkt, nach der Überlieferung im Reich der
Götter wiedergeboren werden.)

II. Anwendung auf Parapsychisches.

i. Das Selbst der parapsychologischen Erfahrung religiös

fundiert und individuell.

In diesen allgemeinen Rahmen wollen wir einen Erklärungsversuch parapsychologischer
Erscheinungen einfügen. Zunächst bedarf es der Vorbemerkung,
daß parapsychologische Erlebnisse in die religiöse Sphäre hineinfallen. Denn sowohl
der Erlebende wie der als parapsychologisches Phänomen erlebte Mitmensch
ist t^ef in der Individualität des Lebens verwurzelt. Zur Abwehrung eines Mißverständnisses
sei darauf hingewiesen, daß im Gegensatz zur sittlichen Person
dem religiösen Menschen längst nicht alles zum Bewußtsein zu gelangen braucht,
was in seinem tiefsten Innern vorgeht. Das bewußte Vor-Gott-Stehen ist schon
eine sehr vorgerückte Stufe in der Entwicklung der religiösen Persönlichkeit»
Religiöse Phänomene wie Kierkegaards Schwermut verdanken einen guten Teil
ihrer Unheimlichkeit der Tatsache, daß der Mensch, wenigstens am Anfange seines
religiösen Werdeganges, eine sehr inadäquate Erkenntnis seines Innern besitzt
. Der parapsychologisch erlebende Mensch hat sich bereits (meist ohne
adäquates Selbstbewußtsein) aus der typischen Allgemeinheit und Konvention
des Alltags herausgelöst und ist in religiöser Sammlung begriffen. Dieser religiöse
Sammlungsprozeß zum Aufbau der unwiederholbaren Individualität hat
noch nicht das Bewußtsein eines Sich-Entscheiden-Müssens vor dem Absoluten


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