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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1959-02/0123
120 HANS SEXAUER

Athenodoros, in der Gebeine eines im Hofe verscharrten Ermordeten
gefunden und bestattet werden, ist auch in dieser Hinsicht eine «klassische
Spuk-Geschichte».

Übrigens ist es durch neuere vorgeschichtliche Funde wahrscheinlich geworden
, daß schon in der Eiszeit (im frühen Aurignac) der wiederkehrende
Tote erlebt wurde: man hat kultisch pietätvoll bestattete Überreste gefunden,
die erkennen ließen, daß die Leichen gefesselt waren. Die Leichenfesselung
kann nur den Sinn gehabt haben, den Toten an der Wiederkehr zu hindern;
der Glaube an die Wiederkehr der Toten ist aber von Spukerfahrungen nicht
gut zu trennen. Ich glaube deshalb, daß der bedeutungsvolle Schluß durchaus
gerechtfertigt ist, die Menschheit habe das Erlebnis des spukhaften Wiedergängers
schon vor vielen Jahrzehntausenden gekannt!

Die Deutung des Spuks schwankt also zu allen Zeiten immer zwischen
Seelen- und Dämonenglauben. Im Mittelalter und auch noch in der
Neuzeit sind es einerseits die aus dem germanischen Volksglauben übernommenen
Kobolde, bzw. in christianisierter Form höllische Geister
oder der Teufel, und andererseits «arme Seelen». Das entspricht durchaus
der Polarität zwischen dem Heros und dem unwürdig Bestatteten
in den Berichten der Antike.

Dieser Wechsel des virtuellen Spuksubjektes dürfte mit dem jeweiligen
Charakter des Spuks gegeben sein, vor allem auch mit dem bald
fehlenden, bald augenscheinlichen Bezug auf den Tod eines Menschen.
Es kann deshalb der Auffassung R. Ottos, das Gespenst sei ein «gesunkenes
Numen», nur bedingt zugestimmt werden, insofern die historischen
und völkerkundlich erfaßbaren Deutungen des Spuks weder eine
progressive noch eine regressive Entwicklung zeigen, sondern immer
nur ein Pendeln zwischen den genannten Deutungspolen, wobei der
Totengeist oder die arme Seele noch Beziehungen zu menschlichen Verhältnissen
über die Schranke des Todes hinweg aufweisen, wohingegen
das ganz Fremde und geheimnisvoll Mächtige als Dämon, Teufel oder
mindestens als heroischer Halbgott erfahren wird*.
III. Wir haben kurz umrissen, wie komplex und vielseitig das Phänomen
Spuk ist. Eine parapsychologische Theorie des Spuks gibt es bis heute
nicht. Natürlich hat dieser Erscheinungs-Komplex immer das Denken

* Derselbe Schwankungsgrad findet sich im Alten Testament, wenn der
Totengeist, den das Weib von Endor beschwört (i. Sam. 28) als «Elohim»
bezeichnet wird, was sonst ein Name für die Gottheit ist.


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