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JAN EHRENWALD

bewußt, und sein Briefwechsel mit seinem Freunde Wilhelm Fliess um die
Jahrhundertwende zeugt von seinen Gewissenszweifeln, als er den bedeutsamen
Anteil der Phantasie an den Berichten von frühen traumatischen
Sexualerlebnissen seiner hysterischen Patientinnen zugestehen mußte (9).

Spätere Kritiker zeigten neben der Suggestion weitere potentielle
Fehlerquellen in der analytischen Situation auf. J. D. Frank (10) verwies
auf das Phänomen der «wirksamen Verstärkung» durch scheinbar belanglose
verbale oder nicht-verbale Reize, Hinweise und Haltungen des
Therapeuten. Der Verfasser fügte zu diesen mehr oder minder bekannten
Fehlerquellen eine weitere hinzu: die Telepathie oder Psi-Induktion,
die unter bestimmten psychologischen Bedingungen die Produktionen
der Patienten zu beeinflussen, zu färben oder zu verfälschen vermag.
Telepathische Einflüsse dieser Art stammen von den vorbewußten oder
unbewußten Wünschen und Erwartungsvorstellungen des Therapeuten.
Sie sind aus begreiflichen Gründen in hohem Maße gefühlsbetont und
zielen auf die scheinbare Bestätigung seiner «narzißtisch» besetzten
Lieblingshypothese oder wissenschaftlichen Theorien durch den Patienten
. Diesen Vorgang hat der Verfasser als den doktrinären Induktionseffekt
oder als die telepathisch induzierte doktrinäre Ansprechbarkeit
(doctrinal compliance) des Patienten bezeichnet.

Einflüsse dieser Art - ungeachtet ihres modus operandi - hatten vermutlich
eine tiefgehende Wirkung auf die Entwicklung aller wissenschaftlichen
und pseudo-wissenschaftlichen Erklärungsversuche in der
Psychotherapie, angefangen mit den mittelalterlichen Hexenprozessen
bis zu den Mesmeristen, Magnetopathen und Phrenologen des 19. Jahrhunderts
und den verschiedenen Schulen der wissenschaftlichen Therapie
unserer Zeit. Wir wissen, daß der moderne Psychotherapeut, welcher
Schule er auch angehören möge, nicht der objektive, emotional unbeteiligte
Beobachter bleibt, wie es die Psychoanalyse ursprünglich haben
wollte. Er ist ein Beobachter, dessen Teilhabe an dem beobachteten
«Objekt», nämlich seinem Patienten, nicht bloß eine zufällige Folge
menschlicher Schwäche, persönlicher Unzulänglichkeit oder einer unzureichenden
Lehranalyse ist. Sie ist eine unerläßliche Vorbedingung
seiner therapeutischen Einflußnahme auf den Kranken, also ein wesentlicher
Bestandteil des Heilungsprozesses. In der Tat betrachten moderne
Existenzanalytiker die Begegnung zwischen den beiden als das entscheidende
Prinzip des Heilungserlebnisses. Die moderne Existenzana-


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